MOTOR-EXCLUSIVE

Hans-Robert Richarz - 21. Dezember 2014, 17:59 Uhr NEWS

Exklusiv: Weitere Bundesstaaten rütteln am US-Tempolimit

Dass amerikanische Schnellstraßen einen solchen Namen kaum verdienen, hat schon so mancher Tourist aus dem Land des unbegrenzten Autobahnlimits im eigenen Portemonnaie schmerzlich erfahren müssen.

Dass amerikanische Schnellstraßen einen solchen Namen kaum verdienen, hat schon so mancher Tourist aus dem Land des unbegrenzten Autobahnlimits im eigenen Portemonnaie schmerzlich erfahren müssen. Jeder Autofahrer sollte sich streng an das vorgeschriebene Tempolimit in den USA halten, Sheriffs verstehen auch bei Ausländern keinen Spaß, und ein paar Miles per Hour zu viel können ganz nett ins Geld gehen.

Die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen war früher einheitlich für alle Bundesstaaten der USA geregelt, zu Zeiten der Treibstoffkrise in den 1970er-Jahren zum Beispiel auf höchstens 55 mph (88 km/h). Seit mehreren Jahren gibt es jedoch unterschiedliche Bestimmungen. Am schnellsten darf mit 85 mph (136 km/h) in Texas gefahren werden, ansonsten schwankt das erlaubte Tempo zwischen 65 mph (104 km/h) und 75 mph (120 km/h), auf Hawaii allerdings dürfen es höchstens 60 mph (97 km/h) sein, meist sogar nur 55 mph wie im Rest der Staaten bis Mitte der 1990er-Jahre.

Jetzt scheinen einige US-Bundesstaaten ihren Bürgern ein Stückchen mehr Freiheit am Steuer geben zu wollen. Ausschlaggebend dafür ist ein mehrere Jahre lang währender Versuch im Mormonen-Staat Utah, wo auf der Interstate 15, die von Las Vegas in Nevada nach Salt Lake City führt, versuchsweise auf bestimmten Abschnitten die erlaubte Spitzengeschwindigkeit auf 80 mph (130 km/h) gelockert wurde.

Das kürzlich veröffentlichte Ergebnis der Untersuchung sorgte für Staunen. So gingen die Zahlen der Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit um bis zu 20 Prozent zurück, und - was niemand erwartet hatte - um den gleichen Prozentsatz verringerte sich die Anzahl jener Autofahrer, die sich zuvor über streckenweise angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzungen großzügig hinweggesetzt hatten. Durch diese Ergebnisse ermutigt, setzten die Behörden Utahs inzwischen das Tempolimit auf einem Drittel aller Autobahnen des Staates auf 80 mph fest.

Diesem Beispiel wollen nun der Bundesstaat Montana ebenso wie die Nachbarstaaten Idaho, Utah und Wyoming nacheifern. Das ist deshalb besonders erstaunlich, da es in Montana bis zum Mai 1999 überhaupt kein festes Tempolimit gab. Jeder Autofahrer musste allerdings - wie es wörtlich im Gesetz hieß - ,,angemessen und vorsichtig" unterwegs sein. Was das bedeutete, lag im Ermessen des jeweiligen Sheriffs vor Ort. Die Formulierung sei viel zu vage und deshalb verfassungswidrig, meinte Montanas oberster Gerichtshof und setzte diesem Verfahren ein Ende. Die Regierung gab daraufhin dem Tempo auf Autobahnen eine Obergrenze von (zurzeit immer noch gültigen) 75 mph.

Das wollen jetzt zwei Abgeordnete ändern. Der Republikaner Scott Sales sowie der Demokrat Jonathan Windy Boy vom Stamm der Chippewa-Cree-Indianer wollen es ihren Kollegen aus Texas nachmachen und in Montana, wo knapp eine Million Menschen auf einer Fläche leben, die etwa der von Deutschland (80,6 Millionen Einwohner) entspricht, 85 mph gesetzlich erlauben. Schon jetzt vermuten Kommentatoren, dass die beiden damit eine Lawine lostreten könnten. Denn der Kern ihrer Begründung lautet: ,,Unsere Bürger sollten die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, ob sie Zeit sparen und dafür etwas mehr Geld für den Treibstoff ausgeben wollen." Das kommt einem doch recht bekannt vor. Hieß es doch auch hier zu Lande einmal: ,,Freie Fahrt für freie Bürger." (ampnet/hrr)

Dieser Artikel aus der Kategorie NEWS wurde von Hans-Robert Richarz am 21.12.2014, 17:59 Uhr veröffentlicht.