MOTOR-EXCLUSIVE

Günter Weigel/SP-X - 1. März 2015, 09:58 Uhr NEWS

Sonst noch was? - Verschwommene Glaskugeln in der Schweiz

Wir freuen uns auf die Schweiz, finden die EU gut und lassen ein wenig Skepsis walten, wenn es um neue Ideen und alte Marken geht.

An dieser Stelle haben wir uns bereits häufiger über den Eifer von Herrn Dobrindt gewundert, Vorbehalte, Gegenargumente und Zahlen zu seiner Maut-Idee nicht zur Kenntnis zu nehmen. Die EU-Kommission, so scheint es aktuell zumindest - das Original liegt uns nicht vor - hat nun basierend auf einem Gutachten ihres juristischen Dienstes befunden, dass so, wie sich Herr Dobrindt die Maut vorstellt, sie dann doch nicht so ganz mit EU-Recht vereinbar sei. ,,Der Spiegel" zitiert dazu noch einige Passagen, auf die wir hier verzichten können, weil wir ähnliches schon häufiger geschrieben haben. Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Maut kommt so sicher nicht. Oder noch anders gesagt: ,,Viel Lärm um nichts".

Ob Letzteres auch für das Comeback der Marke Borgward gelten wird, können wir noch nicht sagen. Diesbezüglich ist unsere Glaskugel etwas verschwommener als bei der Maut. Der erste Auftritt der Markenerneuerer auf dem Genfer Salon wird sicherlich nicht nur von uns mit Spannung erwartet. Allzu viel versprechen wir uns aber nicht von der Revitalisierung. Wenn man nicht ein paar Milliarden zu viel oder entsprechend potente Partner im Rücken hat, wird das eher nichts mit der Herstellung eigener Autos.

Geld haben Google und Apple bekanntlich genug, soviel, dass doch nicht wenige ihnen zutrauen, die Autoindustrie mal eben umzukrempeln. Jedenfalls lasen wir dieser Tage mehr als einen Kommentar, der befürchtet, dass es in nicht allzu ferner Zukunft Volkswagen, Daimler und BMW so erginge wie ehedem Grundig, Nordmende oder Telefunken: von der Technik und neuen Wettbewerbern überrollt. Die besorgten Kollegen mahnten mehr Vernetzung an, das Auto im Web 4.0 gewissermaßen und als Schnittstelle zwischen Menschen und Internet, ein iPhone zum Fahren und derlei mehr. Kann man so sehen, muss man aber nicht.

Wir glauben, dass auch in Zukunft, neben der permanenten Kommunikationen mit allem und jedem, echte Mobilität, also das Bewegen von A nach B und wieder zurück, erstens eine Rolle spielen und zweiten Spaß machen wird - das reine, unvernünftige Fahren von A nach A eingeschlossen. Nicht umsonst haben auch heute alle uns aktuell bekannten Multimedia-Systeme im Auto einen Knopf, an dem man sie ausschalten kann. Zum Beispiel, damit sie nicht vom Fahren ablenken.

Ablenken lassen wir uns allerdings von den Vorzügen moderner Unterhaltungsmedien gerne, wenn es ab morgen wieder gilt, mit dem Auto Genf zu  befahren, wobei uns bewusst ist, dass man auf vielen Strecken dieser Schweizer Autohochburg zu Fuß schneller und vor allem angenehmer unterwegs wäre. Man darf sein Auto aber nicht einfach im Stau alleine lassen. Diesbezüglich sehen wir noch Entwicklungspotential und entsprechend Arbeit für die Techniker in der Industrie.

Wenn autonomes Fahren bei geringen Geschwindigkeiten funktioniert, könnte unser künftiges E-Auto doch einfach so lange langsame Kreise ziehen, bis wir mit dem jeweiligen Termin in Genf durch sind. Parkplätze gibt es außerhalb von Hotels eh keine oder zumindest keine, die groß genug wären, für ein menschenwürdiges Gefährt. Man wartet dann einfach, bis die Schlange mit dem richtigen Auto wieder vorbei kommt, steigt ein, und staut sich zurück. Und für dieses schöne Erlebnis muss man nicht mal Maut zahlen - nur eine Vignette kaufen. Sonst noch was? Nächste Woche wieder. 

Dieser Artikel aus der Kategorie NEWS wurde von Günter Weigel/SP-X am 01.03.2015, 09:58 Uhr veröffentlicht.