MOTOR-EXCLUSIVE

Wolfram Nickel/SP-X - 20. April 2015, 16:24 Uhr NEWS

Tradition: 60 Jahre Peugeot 403 - Mercedes als Messlatte

Ausgerechnet als Detroit die größten V8-Heckflossen-Chromkreuzer auf die Highways schickte, entdeckten die Amerikaner ihre Liebe zu kleinen europäischen Vierzylindern. Die allerdings ziemlich schnell wieder vorbei war.

Gäbe es nicht den unsterblichen TV-Inspektor Columbo mit seinem knitterigen Cabrio, der Peugeot 403 wäre längst vergessen. Zu Unrecht, denn diese Mittelklassemodelle brachten die Löwenmarke auf Augenhöhe mit den Besten der Welt. Mercedes als Messlatte, lautete die Devise. Und so machte der 403 den französischen Diesel massentauglich und wagte sich sogar nach Amerika.

Mit der 403-Mittelklasse wollte Peugeot 1955 alles neu machen und das Exportgeschäft in Schwung bringen. Das Abenteuer, ab 1958 in Amerika den 403 zu verkaufen, hatte die französische Regierung erzwungen, die sich so dringend benötigte Devisen erhoffte. Ausgerechnet als Detroit die größten V8-Heckflossen-Chromkreuzer auf die Highways schickte, entdeckten die Amerikaner ihre Liebe zu kleinen europäischen Vierzylindern. So kam es, dass Peugeot zehn Prozent seiner 403-Palette in US-Spezifikation produzierte, gegen Lieferzeiten kämpfte und gewaltige Kapazitätserweiterungen plante. Dann das Desaster: Ab 1961 waren französische Fahrzeuge in den USA unverkäuflich, Peugeot musste sogar 1.740 Autos in die Heimat reimportieren und diese dort verramschen. Was war passiert? Detroit hatte eigene Compacts lanciert, vor allem aber hatten sich die kleinen Renault Dauphine als völlig ungeeignet für amerikanische Fahrgewohnheiten erwiesen, während etwa die Citroen DS schlecht vorbereitet worden waren für das nordamerikanische Klima. So kam es zu technischen Defekten, die alle Franzosen nachhaltig in Verruf brachten.

Weshalb Hollywood noch Mitte der 1960er Jahre dem legendären TV-Inspector Columbo ein arg mitgenommenes 403 Cabrio spendierte. Fast schon tragisch, denn der 403 hatte ja seine US-Tauglichkeit von Anfang an unter Beweis gestellt. Wenigstens setzte Columbos langjähriger Dienstwagen dem Peugeot ein verdientes filmisches Denkmal, das ihn weltweit bekannt machte. Entwickelt worden war der 403 übrigens tatsächlich mit Qualitätsansprüchen á la Rolls-Royce: ,, An erster Stelle brauchen wir ein Qualitätsniveau, das über dem aller anderen liegt.", kommunizierte das Unternehmen aus Sochaux. 300- bis 400.000 Kilometer Mindestlaufleistung waren ebenfalls Vorgabe für den 403 - und das in einer Dekade, in der manche Wettbewerber schon nach 30- oder 40.000 Kilometern eine Motorrevision benötigten.

Für berufliche Vielfahrer, besonders für die Taxifahrergilde, zog Peugeot noch einen weiteren Trumpf: Ab 1959 gab es den 403 als ersten französischen Großserien-Diesel. Neben dem Mercedes 180 D/190 D war der 403 damit der erste Diesel-Pkw, der weltweit verkauft wurde. Aber Peugeot wollte mehr als Mercedes, deshalb gab es den 35 kW/48 PS leistenden 1,8-Liter-Selbstzünder auch im 403 Break, als erstem Großserien-Kombi mit Dieselkraft.

Welchen Motor die 403-Fahrer auch wählten, immer konnten sie bereits beim Kauf ihres 403 sparen. So kostete der komfortable Viertürer mit 48 kW/65-SAE-PS starkem 1,5-Liter-Benziner 1959 in Deutschland 7.430 Mark, der Mercedes 180 beispielsweise schlug mit 8.700 Mark zu Buche. Wirklich teuer waren die robusten Peugeot nur als Gebrauchtwagen, da erzielten sie Preise, die ihnen Prestige auf Mercedes-Niveau bescheinigten.

Rund 20 Prozent Marktanteil errang Peugeot in Frankreich in den besten Zeiten der 403-Palettte, eine Vorgabe, die unter dem 1960 eingeführten Nachfolgemodell 404 wiederholt werden sollte. Schließlich blieb der bewährte 403 weiter am Ball, nun aber als Einstiegsmodell in die Peugeot-Welt. Erst nach Einführung des kleinen Peugeot 204 gab der 403 im Jahr 1966 endgültig seinen Abschied.

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