MOTOR-EXCLUSIVE

Thilo Kozik/SP-X - 11. April 2017, 16:52 Uhr MOTORRAD

Fahrbericht: Ducati Scrambler Café Racer - Mehr Café als Racing

Ducatis gelbe Untermarke Scrambler schickt einen stilechten Café Racer ins Rennen um die Gunst der modebewussten Motorradfahrer.

Bei Scrambler und Café Racer handelt es sich normalerweise um zwei voneinander unabhängige Motorradwelten, doch der italienische Kulthersteller Ducati schafft es, diese beiden zu kombinieren: Unter dem Lifestyle-Label Scrambler bedienen die Bolognesern mit dem neuen Modell Café Racer für 10.990 Euro den sportlichen Retrotrend.
 
Für ein authentisches Styling analog zu den legendären Motorrädern aus den 60er-Jahren - die von ihren Besitzern umgebaut wurden, um kurze Sprintrennen von einem Cafe zum nächsten zu gewinnen - sorgen eine kleine Lampenmaske, eine edle Sportsitzbank mit Höcker, Startnummerntafeln auf der Seite und Stummellenker aus Aluminium, die an ihrem Ende die Rückspiegel tragen. Knackig-kurze Radabdeckungen im typischen ,,Race Look" und sportliche Zehnspeichen-Gussfelgen verleihen der Café Racer den letzten Schliff.
 
Doch anders als bei den rückenmordenden Ahnen sitzt es sich durchaus bequem auf der Ducati, mit leichter Vorlage zu den moderat gekröpften Lenkerstummeln hin. Die nach vorn abfallende, durchaus geräumige Sitzbank lässt den Fahrer immer ein wenig zum Tank hin rutschen, doch das Ambiente passt für eine breite Palette Fahrerstaturen.
 
Kernstück aller Scrambler ist mit Ausnahme der Führerschein-A2-geeigneten Sixty2 der kultivierte 803 ccm große 90°-Desmo-V-Motor, um den Ducati maßgeschneiderte Modelle kreiert. In der Café Racer liefert der luft-ölgekühlte Zweiventiler nicht nur massenkompatible 55 kW/75 PS bei einem durchzugsfreudigen Drehmoment von 68 Nm bei 5.750 U/min ab, er klingt auch erfreulich satt und sonor aus dem doppelläufigen Termignoni-Stummelauspuff auf der rechten Fahrzeugseite.
 
Äußerst sanft setzt sich der Desmo-Twin in Szene und erfreut mit einer hohen Laufkultur. Ab 2.000 Touren prägt eine gleichmäßige Leistungsentfaltung den Motorcharakter; im Gegenzug geht ihm ein wenig das Feuer ab, mit dem die klassischen Vorbilder noch faszinieren konnten. Vor allem im ersten Drittel der Gasgrifföffnung könnte der Triebling kräftiger antreten, doch diese zurückhaltende Art ist bewusst gewählt, um das Ansprechverhalten handzahm und gut kontrollierbar zu machen. Weniger Feinschliff zeigt dagegen das Sechsganggetriebe, das von einem energischen Schaltfuß bedient werden will.
 
Geschwungene Landstraßen macht die Ducati zum leicht konsumierbaren Kurvenvergnügen. Fast mühelos lässt sie sich in Schräglage bringen und durcheilt auch knifflige Passagen in Windeseile. Zeigt der Straßenbelag jedoch Ausfallerscheinungen und Frostbrüche, ist es auch wegen der soften Fahrwerksabstimmung schnell um die Souveränität geschehen. Dann mag die Duc nicht mehr hart angefasst werden, engagierte Kurvenmanöver quittiert sie mit einer deutlichen Aufstelltendenz. Mit der dadurch gemäßigten Fahrweise haben die Stopper keine Probleme. Obwohl die Einscheibenbremse im Vorderrad mit einer spektakulären Vierkolben-Radialzange sportive Ambitionen nahelegt, geht sie fast etwas zu verhalten ans Werk. Ohne rechten Druckpunkt geht ihr die exakte Dosierbarkeit ab, doch das ABS ist so gut abgestimmt, dass es nur höchst selten einzugreifen braucht.
 
In der City macht sich der markenuntypisch kleine Wendekreis angenehm bemerkbar - die Café Racer passt durch jede Lücke. Allerdings strahlt hier der Desmo-V im Stand auch kräftig Wärme ab. Weil auch die Ausstattung eher spärlich ausfällt - beispielsweise bietet das kleine Rundinstrument nur das Nötigste, eine Ganganzeige fehlt - erscheinen die 10.990 Euro vergleichsweise hoch gegriffen. Trotz der attraktiv-authentischen Aufmachung.

Ducati Scrambler Café Racer - Technische Daten:
 
Motor: Luft-Ölgekühlter 90°-V-Zweizylinder-Viertaktmotor, zwei Ventile pro Zylinder, ohc, Desmodromik, Hubraum 803 ccm, Bohrung x Hub 88 x 66 mm, Leistung 55 kW/75 PS bei 8.250 U/min, Drehmoment 68 Nm bei 7.750 U/min, Sechsganggetriebe, Kette.
 
Fahrwerk: Gitterrahmen aus Stahlrohr, vorne Upside-Down-Gabel Ø 4,1 cm, nicht einstellbar, hinten Zweiarmschwinge aus Leichtmetallguss, Zentralfederbein, verstellbare Federbasis; Reifen 120/70 ZR17 (vorne) und 180/55 ZR17 (hinten). Einscheibenbremse vorn 33 cm, radial angeschlagener Vierkolben-Festsattel; hinten 24,5 cm, Einkolben-Schwimmsattel
 
Assistenzsysteme: ABS.
 
Maße und Gewichte: Radstand 1.436 mm, Sitzhöhe 805 mm, Trockengewicht 172 kg, Leergewicht 188 kg, Tankinhalt 13,5 Liter.
 
Messwerte (Werksangaben): Verbrauch: 5,0 l/100 km; CO2-Emissionen: 117 g/km
 
Preis: 10.990 Euro

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORRAD wurde von Thilo Kozik/SP-X am 11.04.2017, 16:52 Uhr veröffentlicht.