MOTOR-EXCLUSIVE

Ralf Loweg - 25. Juli 2017, 11:14 Uhr MOTORSPORT

Mercedes wechselt die Pferde: Formel E statt DTM

In stürmischen Zeiten entdecken immer mehr deutsche Autohersteller ihr grünes Gewissen im Motorsport. Nach BMW und Audi bekennt sich auch Mercedes zur Formel E. Die Stuttgarter werden ab der Saison 2019 in der Serie mit rein elektrisch angetriebenen Rennwagen an den Start gehen und im Gegenzug aus der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft aussteigen. 'Strategische Neuausrichtung' nennt das die Stern-Marke.


In stürmischen Zeiten entdecken immer mehr deutsche Autohersteller ihr grünes Gewissen im Motorsport. Nach den Rivalen BMW und Audi bekennt sich nun auch Mercedes zur Formel E. Die Stuttgarter werden ab der Saison 2019 in der Serie mit rein elektrisch angetriebenen Rennwagen an den Start gehen. Mehr noch: Mercedes-Benz wird sein Motorsport-Programm komplett neu ausrichten. Denn im Gegensatz zu BMW und Audi werden sich die Schwaben mit dem Einstieg in die Formel E gleichzeitig aus der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) verabschieden. Das Engagement in der "Königsklasse" Formel 1 bleibt (vorerst) weiter bestehen.

Der Pferdewechsel von Mercedes hat sich abgezeichnet. Die Formel E verkörpert den Wandel der Automobilindustrie auch im Motorsport. Auf der Suche nach alternativen Antrieben kann sich kein Hersteller diesem Thema auch auf der Rennstrecke entziehen. Überraschend ist jedoch der Ausstieg aus der DTM. Mercedes hat diese Serie wie kaum ein anderer Hersteller geprägt. In bisher 26 Saisons gewann die Stern-Marke zehnmal die Fahrer-Meisterschaft, 13 Mal die Teamwertung und sechs Marken-Meisterschaften. Zudem feierte Mercedes insgesamt 183 Rennsiege, 128 Pole Positions sowie 540 Podestplätze.

Deshalb ist der angekündigte Ausstieg auch mit Wehmut verbunden. "Die Jahre in der DTM werden immer ein großer Teil unserer Motorsport-Geschichte bleiben", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Mein Dank geht an alle Mitarbeiter, die über Jahre hinweg in der DTM tolle Arbeit geleistet und Mercedes-Benz zum erfolgreichsten Hersteller der Serie gemacht haben." Auch wenn der Abschied schwer falle, werde man in dieser und der nächsten Saison alles dafür tun, um sich mit möglichst vielen Titeln aus der DTM zu verabschieden: "Das sind wir unseren Fans und uns selber schuldig."

Mit dem Ausstieg aus der DTM geht eine langjährige Motorsport-Ära zu Ende. "Wir blicken mit Stolz auf das Engagement unserer Teams, Fahrer, Partner und den zahlreichen Helfern hinter den Kulissen zurück, die die DTM oft genug zu einer faszinierenden Plattform für unsere Kunden und Markenfans gemacht haben", sagt Dr. Jens Thiemer, Vice President Marketing Mercedes-Benz Cars. "Nun ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen." Mit dem Rückzug von Mercedes steht allerdings auch die DTM vor dem Aus. Mit nur zwei Herstellern wird diese Serie nicht über die Runden kommen. Und Alternativen sind derzeit nicht in Sicht.

Der Einstieg in die Formel E ist mit Blick auf die Serie und die Mobilität von Morgen ein logischer Schritt. Elektromobilität habe für Mercedes-Benz schon heute einen sehr großen Stellenwert, der in Zukunft noch weiter zunehmen wird, teilen die Stuttgarter mit. Die Formel E biete dabei die perfekte Plattform, die Wettbewerbsfähigkeit batterieelektrischer Antriebe der Marke EQ im Renneinsatz unter Beweis zu stellen. "Mercedes-Benz vermarktet künftige batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge unter dem Label EQ", sagt Dr. Jens Thiemer. "Die Formel E ist für uns ein konsequenter Schritt, um die Leistungsfähigkeit unserer attraktiven batterieelektrischen Fahrzeuge zu demonstrieren und die Technologiemarke EQ im Motorsport und Marketing emotional aufzuladen."

Für Toto Wolff ist die Formel E eine Serie, die vor allem die schnellen Veränderungen in der Automobilindustrie widerspiegelt: "Die Formel E ist mit einem spannenden Start up-Unternehmen vergleichbar: Sie bietet ein brandneues Format, das Rennen mit einem starken Event-Charakter kombiniert." Für einen Hersteller sei die Formel E daher eine interessante Plattform, um die Elektrifizierung einem neuen Publikum vorzustellen - und das alles in einem ganz anderen Format als es jede andere Motorsportserie biete, so der Motorsportchef: "Ich freue mich, dass wir die bestehende Einstiegsoption um ein Jahr bis zur Saison 2019/20 erweitern konnten. So haben wir die Zeit, die Serie kennenzulernen und uns adäquat auf den Einstieg vorzubereiten." Bleibt abzuwarten, wie lange es bei diesem rasanten Wandel noch dauert, bis auch die Formel 1 zum Auslaufmodell wird.

Ralf Loweg / mid

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORSPORT wurde von Ralf Loweg am 25.07.2017, 11:14 Uhr veröffentlicht.