MOTOR-EXCLUSIVE

Hans-Robert Richarz, cen/ampnet - 20. Januar 2018, 12:10 Uhr OLDTIMER

Rétromobile Paris: Bis auf Ausnahmen war es schon immer etwas teurer...

Die Rétromobile Paris vom 7.

Die Rétromobile Paris vom 7. bis zum 11. Februar zählt zu den wichtigsten Oldtimer-Veranstaltungen auf europäischem Boden. 550 Aussteller präsentieren in den großen Hallen eins, zwei und drei des Pariser Messegeländes Porte de Versailles alles, was den Puls begeisterter Oldtimer-Fans höher schlagen lässt - vom kleinen Modell über seltene Ersatzteile bis zur automobilen Rarität im Wert von mehreren Millionen Euro. Versteigerungen besonders edlen Blechs - wie zum Beispiel bei Artcurial, Bonhams oder Sotheby's - bringen alljährlich ausgesuchte Karossen für sechs- und siebenstellige Beträge unter das gut betuchte Volk.

Zwei Superstars aus der Ferrari-Ära der 1950er Jahre ragen aus der Fülle des Angebots besonders heraus. Bei Artcurial steht ein Ferrari 250 GT Cabriolet Série 1 aus dem Jahr 1958 an der Spitze, eines von elf noch existierenden Cabriolets der Serie 1, die bis auf den heutigen Tag über Original-Getriebe, - Motor und -Fahrwerk verfügen. Die französischen Auktionatoren gehen davon aus, für den Wagen zwischen sieben Millionen und neun Millionen Euro erzielen zu können. Sie halten den Käuferkreis, der sich das Auto leisten kann für derart exklusiv, dass sich jeder Bieter dieses speziellen Fahrzeugs exklusiv registrieren lassen muss.

Beim wertvollsten Angebot, das Sotheby's unter den Hammer nehmen will, einem Ferrari 166 MM Spider von 1953 für einen exakt halb so hoch eingeschätzten Preis wie sie die Konkurrenz dem fünf Jahre jüngeren Markenkollegen zubilligt, ist das nicht der Fall. Der Rennwagen nahm 1953 und 1954 an der Mille Miglia sowie dazwischen an einigen Berg- und regionalen Straßenrennen teil. 1955 spielte er im Sportdrama "Der Favorit" eine tragende Rolle mit Kirk Douglas am Steuer.

Drei weitere Fahrzeuge mit prominenten Vorbesitzern - zwei Autos und ein Trike - ragen daneben aus dem Sotheby's-Angebot heraus. Da bemüht sich zum einen ein ganz normaler BMW 633 CSi, Baujahr 1977, um zahlungskräftige Bieter. Das silberfarbene Sportcoupé mit 3,2-Liter-Einspritzmotor (147 kW / 200 PS), Vier-Gang-Schaltgetriebe und üppiger Serienausstattung soll bei Sotheby's zwischen geschätzten 25 000 und 35 000 Euro kosten und wurde während der Europa-Tourneen von den Abba-Männern Benny Andersson oder Björn Ulvaeus chauffiert, während die Damen Anni-Frid Lyngstad und Agnetha Fältskog im Fond saßen. Mitgeliefert werden die Original Kaufbelege mit den Unterschriften von Andersson und Ulvaeus. Wer dieses Auto ersteigern will, muss allerdings ein echter Fan der schwedischen Popgruppe sein. Ein gut erhaltener BMW CSi ohne prominente Vorbesitzer und entsprechende Autogramme ist im Internet schon für rund 15 000 Euro zu haben.

Zehnmal so viel wie für die Abba-Karosse will Sotheby's für ein Auto des jüngst verstorbenen französischen Schlagerstars Johnny Hallyday haben. Zwischen 2,5 Millionen und 3 Millionen Euro soll der 53 Jahre alte Iso Grifo A3/C einbringen, den sich ein gewisser Jean-Phillippe Smet aus Paris, so der Geburtsname der gallischen Elvis-Presley-Kopie, 1964 fabrikneu übernahm und wenig später weiterverkaufte. Danach verbrachte der Iso beträchtliche Zeit in langfristigem Eigentum bei zwei Sammlern und blieb stets innerhalb französischer Grenzen. Sein Tacho zeigt lediglich eine gefahrene Distanz von 27 000 Kilometern.

Sotheby's Auktionsmanager Augustin Sabatié-Garat ist sicher: ,,Das Auto ist für Sammler eine einmalige Gelegenheit. Für uns ist es eine große Ehre, ein so bedeutendes Auto, das einem hoch geschätzten französischen Star gehörte, zum ersten Mal öffentlich versteigern zu dürfen." Der Iso Grifo A3/C war ursprünglich für Langstreckenrennen konstruiert worden und wurde 1964 und 1965 Klassensieger in Le Mans. Seine Karosserie bestand aus einer speziellen Legierung aus Aluminium, Kupfer und Magnesium, die sehr leicht und elastisch aber schwer zu schweißen war, was bedeutete, dass sie - ähnlich wie ein Flugzeug - zusammengenietet werden musste. Sein Motor stammte von der Chevrolet Corvette, war aber im Detail überarbeitet worden.

Wesentlich preiswerter wird in Paris ein anderes Erbstück von Johnny Hallyday zu haben sein. Zwischen 60 000 und 85 000 könnte nach Sotheby's Schätzungen das Harley-Davidson FLHXXX Street Glide Trike kosten. Aber auch hier scheinen die Auktionatoren den Preis um einen beträchtlichen Promi-Bonus erweitert zu haben, denn ähnliche Maschinen werden im Internet gebraucht bereits für um die 20 000 Euro angeboten. Allerdings handelt es sich bei der Hallyday-Harley um eine Sonderanfertigung mit einer Bluetooth-Stereoanlage, spezieller Lackierung, weiterem Schnickschnack und einer Thunderheader-Auspuffanlage mit typischem Harley-Klang, der jeden deutschen TÜV-Prüfer in den Nervenzusammenbruch treiben dürfte. Wahrscheinlich deshalb nutzte Hallyday seinen Trike ausschließlich in Südkalifornien und parkte ihn dort in der Garage seiner Wohnung in Los Angeles.

Unter den 83, von Sotheby's Auktionskandidaten befinden sich 17 Ferrari-, 15 Porsche- und zehn Mercedes-Modelle. Bei Artcurial stechen zwölf Porsche und 13 Sportwagen mit dem springenden Ferrari-Pferd aus der Masse heraus. Ein besonders schönes Beispiel aus Untertürkheim ist ein Mercedes-Benz 290 Cabriolet A, den Sotheby's für 260 000 bis 320 000 Euro versteigern will. Bei Artcurial sticht ein Porsche 904 GTS, Baujahr 1964, aus der Masse des Angebots aus Zuffenhausen heraus. Mit zwischen 1,4 Millionen und 1,8 Millionen Euro, so glauben die Auktionatoren, könnte der Sportwagen zu Buche schlagen. Er wird mit zwei Motoren und zwei Getrieben geliefert, die ihm während seiner Rennkarriere zur Verfügung standen. In den 1960er Jahren nahm er an zahlreichen internationalen Rallyes sowie zahlreichen Langstrecken-Rennen teil, wie zum Beispiel 1964 am 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring.

Bonhams bietet in Paris 136 ausgesuchte Klassiker an. Die wichtigste Rolle dürfte ein Lamborghini Miura P400 S Coupé aus dem Jahr 1968 spielen, der einst im berühmten Oldtimer-Museum der Gebrüder Schlumpf im elsässischen Mülhausen stand und dessen Wert zwischen 1,2 Millionen und 1,4 Millionen Euro liegt. Zwischen seiner ersten Zulassung in Belgien und 2017 wurde das Auto selten gefahren und wenn, dann nur für kurze Ausflüge, die sich insgesamt nur auf rund 3000 Kilometer summierten. Rund ein Drittel der Bonhams-Offerten wurden vor dem Zweiten Weltkrieg produziert. Aber auch Youngtimer-Fans finden etwas für ihren Geschmack, so zum Beispiel zwei BMW Z3 Coupés, ein Ford Escort RS Cosworth oder ein Mercedes-Benz AMG E36 T-Modell.

Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob die Oldtimer-Auktionen während der Rétromobile in Paris ausschließlich für Menschen mit Millionen in Frage kommen. Die Antwort ist ein klares ,,Jein". Doch es gibt auch etwas für den kleineren Geldbeutel. Erschwinglich erscheint zum Beispiel auf den ersten Blick eine Donnette aus dem Jahr 1932, deren Wert laut Artcurial zwischen 2000 und 5000 Euro liegt. Für ein 86 Jahre altes Auto, von dem es wahrscheinlich nur noch zwei Exemplare auf der Welt gibt, auf den ersten Blick Peanuts. Außerdem ist seine Karosserie gelinde gesagt außergewöhnlich: Es gibt nur eine Tür und das auch nur auf der Beifahrerseite.

Beim zweiten Hinsehen jedoch fällt der Blick auf eine Art Schrotthaufen. Im Katalog von Artcurial heißt es zurückhaltend: ,,Der Motor ist komplett und scheint in einem guten Zustand zu sein. Die Donnette ist dank ihrer Karosserie und der originellen und unverwechselbaren Mechanik ein äußerst seltenes Auto." Stimmt. Aber auch eines, in das der zukünftige Besitzer entweder einen Haufen Geduld, handwerkliches Geschick und Zeit investieren muss oder einen wahrscheinlich noch größeren Haufen Geld. (ampnet/hrr)

Dieser Artikel aus der Kategorie OLDTIMER wurde von Hans-Robert Richarz, cen/ampnet am 20.01.2018, 12:10 Uhr veröffentlicht.