MOTOR-EXCLUSIVE

Jutta Bernhard - 23. Februar 2018, 11:52 Uhr OLDTIMER

Die mid Zeitreise: Off-Road Training im englischen "Dschungel"

Am 29. Februar 1988 berichtete der mid im 37. Jahrgang über die 9. Camel Trophy mit einem Land-Rover.


Off-Road-Fahren, also das Fahren abseits der Straßen, wird immer beliebter. Ob nun mit dem Geländefahrzeug oder einem Enduro-Motorrad, hier ist noch der Mensch in seiner Auseinandersetzung mit der Technik und der Natur gefordert. Indes steht in der Bundesrepublik kaum genügend Gelände zur Verfügung, um den Fahrerwünschen gerecht zu werden. Im übrigen: im Gelände mit einem allradangetriebenen Fahrzeug richtig umzugehen, will gelernt sein. Will ein Geländewagen-Besitzer sich tatsächlich in ein unwegsames Gebiet begeben, wo ein solches Fahrzeug notwendig wird, ist es alleine mit der Beherrschung des Fahrzeugs nicht getan. Er muss auch handwerkliches Geschick mitbringen, um sich einen Weg für sein Fahrzeug zu bereiten. Man denke nur an ein Unwetter mit starkem Regenfall, der eine Straße oder gar eine Brücke wegschwemmt und ein weiteres Vorwärtskommen mit dem Fahrzeug unmöglich macht. Hier heißt es: ernst anpacken, dann weiterfahren.

Was zu solch einer praxisgerechten Geländewagen-Fahrausbildung gehört, konnten jetzt die Kandidaten zur 9. Camel Trophy am eigenen Leib auf dem anspruchsvollen Off-Road-Testgelände von Land-Rover in dem "Dschungel" von Eastnor Castle des Majors Benjamin Hervey-Bathnost erfahren. Über 100 Kilometer Fahrstrecken aller Schwierigkeitsgrade weist dieses Waldgebiet auf. Das Testgebiet liegt in einem von menschlicher Hand fast unberührten Gelände. Nur Knöchel- bis knietiefe Matschspuren durchziehen wie Feuerschneisen hier und da das Dickicht. Steigungen bis zu 45 Grad und mehr sind keine Seltenheit. Metertiefe langgestreckte Wasserpfützen versperren plötzlich den Weg.

Im Land Rover Petrol V8 mit seinen 136 PS geht die Fahrt in dieses Gelände. Die Differentialsperre wird eingelegt. Tiefe Spuren im Schlamm lassen das je nach Ausstattung bis zu 1.742 Kilogramm schwere Gefährt seine Spur selbst suchen, die Hände greifen nur bei notwendigen Richtungskorrekturen ein. Der Spurführung entsprechend schlägt das Lenkrad wild nach allen Seiten aus. Wer da seinen Daumen um, anstatt an das Lenkrad gelegt hat, darf sich nicht wundern, wenn die Lenkrad-Speichen dem Daumen arg zusetzen. Plötzlich ein 75prozentiges Gefälle. Zurück aus dem zweiten in den ersten Gang. Weg vom Gas. Beide Füße stehen auf dem Fahrzeugboden, denn in solch einer Situation zu bremsen ließe den Wagen unweigerlich durchrutschen. Der V8-Motor bremst. So geht die Fahrt relativ gemächlich abwärts, dennoch muss konzentriert Obacht gegeben werden, um nicht in eine falsche Spur zu driften. Plötzlich gibt der aufgeweichte Untergrund nach. Stop. Aber ja nicht mit der Bremse, sondern einfach, ohne die Kupplung zu treten, den Motor ausschalten. Dann in den Rückwärtsgang und wieder anlassen. Die Gefahr ist gebannt.

Weiter geht es durch knietiefe Wasserlachen. Eine besondere Spezialität: Abschüssiger Hang, der in einem weichgrundigen Teich endet, welcher durchfahren werden muss. Dann einen Hang hinauf mit 100prozentiger Steigung. Hier ist der Einsatz der vor dem Motor installierten Seilwinde angesagt. Es folgt ein Fluss ohne Übergang. An Bruchholz wird das Schlagen von Bäumen geübt, die Baumstämme zusammengebunden und über den Fluss gelegt. Auch das will gelernt sein. Viele kleine Tipps und technische Ratschläge der Land-Rover Instrukteure lassen das Geländewagen-Fahren auch in extremen Gebieten möglich werden. Die Kurse können auch von Privatleuten gebucht werden, sind aber wegen ihrer Attraktivität, Effizienz und Realitätsnähe zur Bewältigung schwierigster Einsätze schon für fünf Jahre im Voraus ausgebucht. Ein ideales Testgelände: gerade hier würde es sich zeigen, dass nicht jeder so genannte Geländewagen auch tatsächlich geländetaugliche Voraussetzungen mit sich bringt. Ein Vergleichstest in diesem "Dschungel" unter diesen Bedingungen würde sicherlich die Spreu vom Weizen trennen.

Dieser Artikel aus der Kategorie OLDTIMER wurde von Jutta Bernhard am 23.02.2018, 11:52 Uhr veröffentlicht.