MOTOR-EXCLUSIVE

Ralf Schütze - 19. September 2018, 13:49 Uhr MOTORRAD

BMW R 1250 GS: Einen großen Schritt weiter

Die große BMW GS ist längst eine Legende auf zwei Rädern. Mit dem 1,2-Liter-Boxer-Motor ist das Bayern-Bike bislang als R 1200 GS unangefochtener Bestseller unter den Motorrädern in Deutschland. Ab Oktober 2018 wird nun die Nachfolgerin mit mehr Hubraum und vielen Innovationen antreten: die neue BMW R 1250 GS.


Die große BMW GS ist längst eine Legende auf zwei Rädern. Mit dem 1,2-Liter-Boxer-Motor ist das Bayern-Bike bislang als R 1200 GS unangefochtener Bestseller unter den Motorrädern in Deutschland. Ab Oktober 2018 wird nun die Nachfolgerin mit mehr Hubraum und vielen Innovationen antreten: die neue BMW R 1250 GS.

Der Name lässt erkennen, dass der Hubraum angewachsen ist. In Zahlen: 84 Kubikzentimeter sind dazugekommen. Der daraus resultierende Leistungssprung beträgt stolze elf Pferdestärken - von 125 auf 136 PS. Aber das ist bei weitem nicht alles, was BMW seinem beliebtesten Motorrad mit auf den Weg gibt, damit es im immer härteren Kampf um die Klasse der großvolumigen Reise-Enduros ihren charakteristischen Entenschnabel vorne hat. Doch an einer Stelle enttäuscht die 1250er ein wenig.

Seit 1980 ist die GS von BMW ein wahres Phänomen: Insgesamt mehr als 700.000 Mal verkauft, zuletzt deutlich über 15.000 Euro teuer, dennoch nicht nur im Heimatmarkt Deutschland, sondern in vielen Ländern weltweit das meistverkaufte Motorrad. Ihre Stärken: Vielseitigkeit, Robustheit, Zuverlässigkeit. Sie gilt seit vielen Jahren als das Schweizer Messer auf zwei Rädern oder als die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau unter den Motorrädern. Das schier unglaublich wandlungsfähige Bike beherrscht die rasante Kurvenhatz ebenso wie komfortable, weite Touren oder beherzte Ausflüge ins Gelände. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Rivalen wie KTM 1290 Super Adventure S (160 PS) oder Ducati Multistrada 1260 (158 PS) hatten die BMW R 1200 GS zuletzt deutlich in der Leistung übertroffen.

Deshalb hat BMW jetzt mit der R 1250 GS deutlich nachgelegt. Neben der Leistungssteigerung drückt sie vor allem mit wesentlich höherer Schubkraft auf den bewährten, pflegeleichten Kardan: 143 statt bisher 125 Newtonmeter Drehmoment sorgen für Kraft in allen Lebenslagen. Hinter dem kräftigeren Antrieb steckt eine wesentliche Überarbeitung des luft-flüssigkeitsgekühlten Vierventil-Zweizylinder-Boxers. Die Extra-PS rühren vor allem von der Erhöhung des Hubraums von 1.170 auf 1.254 Kubik. Die deutlich gestiegene Schubkraft hingegen geht vor allem auf eine neue variable Ventilsteuerung zurück. Neben mehr Drehmoment bringen diverse Maßnahmen eine sauberere Verbrennung und geringeren Verbrauch mit sich: Immerhin eine Senkung von 4,96 auf 4,75 l je 100 Kilometer. Möglich macht's ein technischer Kniff namens "ShiftCam", eine echte Weltpremiere bei Motorrädern: Die beiden Einlassventile öffnen und schließen sich asynchron und optimieren so die Verbrennung.

BMW verspricht, das Mehr an Antriebskraft sei über das gesamte Drehzahlband hinweg spürbar, und eine neue Motorsteuerung verbessere das Laufverhalten des neuen, 1,25-Liter-Boxers. Unser Eindruck bei ersten Testfahrten rund um Faro an der portugiesischen Algarveküste: Nicht zu viel versprochen! Tatsächlich legt sich der neue Motor noch mächtiger ins Zeug und gibt seine Kraft gleichzeitig geschmeidiger ab. Dank "Shift Cam", das zurecht als Schriftzug auf den Ventildeckeln prangt, werden die Einlassventile variabel gesteuert und ermöglichen je nach Teil- oder Volllast sowie je nach Drehzahl die jeweils optimale Verbrennung - eine weitere Technologie, die BMW Motorrad von den Kollegen der Autofraktion aus München übernommen und aufs Bike adaptiert hat. Sogar die mechanischen Geräusche des Zweizylinders wurden hörbar leiser. Das mag nicht entscheidend wirken, ist aber auf Dauer doch angenehm.

Auch eine neue Auspuffanlage hat BMW für die R 1250 GS entwickelt - zur Optimierung der Antriebsleistung und des Klangs. Erster Eindruck: Der knackige Boxersound ist noch etwas sonorer und dennoch unaufdringlicher geworden. Auch hier hat BMW eine typische und beliebte Tugend seines traditionellen Konzepts (Boxermotor, Kardanwelle) nicht nur erhalten, sondern gekonnt weiterentwickelt. Weit weniger ist dies beim Design der Neuen der Fall. Hier enttäuscht die R 1250 GS etwas, denn vor allem ihre Silhouette sieht fast wie eine Blaupause der bisherigen R 1200 GS aus. Man muss schon sehr genau hinsehen, um neue Formen, Linien und Details im Design zu erkennen. Das hat BMW bewusst so entschieden, denn die erfolgreiche Optik sollte nicht maßgeblich erneuert werden. Manch ein GS-Fan hätte sich hier jedoch mehr Mut gewünscht.

Unterm Strich bleibt dennoch der Eindruck: Mit mehr Serienausstattung - wie einem LED-Scheinwerfer, der Berganfahrhilfe "Hill Start Control", dem großen TFT-Bildschirm und damit verbundenen Connectivity-Funktionen - ist die R 1250 GS ihren höheren Preis im Vergleich zur R 1200 allemal wert (16.150 statt 15.300 Euro). Wer sich das leisten kann und will, sollte das ruhigen Gewissens auch tun. Er hat wirklich etwas davon. Und wer nicht, kann sich trösten: Wenigstens sieht die 1250er kaum anders aus als die 1200er, und so haben die Fahrer einer bisherigen GS nicht auf einmal ein Alteisen in der Garage stehen.

Ralf Schütze / mid

Technische Daten BMW R 1250 GS:
Luft-/Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor mit zwei obenliegenden, stirnradgetriebenen Nockenwellen und variabler Einlass-Nockenwellensteuerung, Hubraum 1.254 cm3, max. Leistung 100 kW (136 PS) bei 7.750 U/min, max. Drehmoment 143 Nm bei 6.250 U/min, Klauengeschaltetes Sechsganggetriebe, Kardan.

Zweiteiliges Rahmenkonzept mit Haupt- und Heckrahmen, Motor mittragend, vorn BMW Motorrad-Telelever, Zentralfederbein 37 mm, hinten Aluminium-Einarmschwinge mit BMW Motorrad-Paralever, Zentralfederbein, hydraulisch stufenlos einstellbar, Zugstufendämpfung einstellbar, vorn Doppelscheibenbremse 305 mm mit Vier-Kolben-Radialsattel, hinten Einscheibenbremse 276 mm mit Zwei-Kolben-Schwimmsattel, BMW Motorrad-Integral ABS (teilintegral und abschaltbar, Reifen vorn 120/70 R19, hinten 170/60 R17, Sitzhöhe 850/870 mm, Radstand 1525 mm, Tankinhalt 20 Liter, Leergewicht 249 kg, zul. Gesamtgewicht 465 kg, Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h, 0-100 km/h 3,6 s, Kraftstoffverbrauch (WMTC) kombiniert 4,75 l/100 km, Preis: 16.150 Euro.

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORRAD wurde von Ralf Schütze am 19.09.2018, 13:49 Uhr veröffentlicht.