MOTOR-EXCLUSIVE

Stuck: Auch mit 70 auf der Überholspur
mid Groß-Gerau - Auch mit 70 noch im Einsatz: Hans-Joachim Stuck. DTM
AUTOMOBIL
Andreas Reiners - 14. Mai 2021, 09:45 Uhr AUTOMOBIL

Stuck: Auch mit 70 auf der Überholspur

Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck ist auch mit seinen 70 Jahren immer noch topfit. Deshalb setzt sich der frühere Formel-1-Fahrer auch immer noch in ein Renn-Cockpit. Wie an diesem Wochenende bei der GT2 European Series in Hockenheim.


Als sich die Gelegenheit bot, griff Hans-Joachim Stuck zu. Und das mit immerhin 70 Jahren. Doch wie heißt es so schön: einmal Rennfahrer, immer Rennfahrer. Deshalb war es keine Frage, dass Stuck an der neuen GT2 European Series teilnimmt. Erst einmal war nur der Auftakt in Monza im April vorgesehen, doch Stuck hat der Einsatz so viel Spaß gemacht, dass er an drei der vier kommenden Rennwochenenden der Saison ebenfalls dabei sein wird. Angefangen an diesem Wochenende in Hockenheim. "Für mich ist das wie ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk", sagte Stuck dem Motor-Informations-Dienst (mid).

Er teilt sich mit dem Österreicher Kris Rosenberger bei den beiden Rennen am Samstag (10.30 Uhr und 14.05 Uhr) das Cockpit eines KTM X-Bow GT2. Der 1.048 Kilogramm schwere Bolide ist mit einem 2,5-Liter-Fünfzylinder-TFSi-Motor von Audi ausgestattet und kommt auf immerhin 600 PS. Doch die Autos von KTM, Audi, Porsche und Lamborghini in der GT2 European Series sind zwar mit reichlich Leistung, dafür aber mit eher geringer Aerodynamik ausgestattet.

Daher eignen sie sich für Gentlemen-Fahrer wie Stuck besonders gut, da die Kurvengeschwindigkeiten sowie die physische Belastung geringer sind. "Mit ABS, Traktionskontrolle und Servolenkung sind die Autos körperlich nicht so anstrengend", sagt Stuck. Spazierfahrten sind es natürlich trotzdem keine, stellt er klar. "Man fährt ein Rennen, man muss spät bremsen, früh beschleunigen, dazu kommen die g-Kräfte - aber sowas hat man im Blut, der Rennbazillus lebt immer noch", so Stuck: "Außerdem bin ich so vernünftig, dass ich, falls ich merke, dass mir beim Einlenken schwindelig wird, sofort aufhöre."

Kein Wunder also, dass Stuck immer wieder schwach wird, auch bei einer Rückkehr in den Rennbetrieb. "Wenn man eine gute Grund-Konstitution hat und fit ist, warum nicht?", fragt er. Und schiebt hinterher: "Motorsport und Autos sind nun mal mein Leben".

Stuck ist ohne Frage eine echte Legende. Ein Allrounder. Ein Tausendsassa. Er fuhr in der Formel 1 zwischen 1974 und 1979 für March, Brabham, Shadow und ATS 74 Rennen und stand zwei Mal auf dem Podest, es war die wilde Zeit der Königsklasse mit schlimmen Unfällen und auch Toten, die zum damaligen Bild dazugehörten. Er wurde 1985 Sportwagen-Weltmeister, 1986 und 1987 Mal Le-Mans-Gesamtsieger, 1990 DTM-Champion und drei Mal Sieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring (1970, 1998 und 2004).

Stuck ist also einer, der mit seinen 70 Jahren im Grunde fast alles gefahren ist, was vier Räder hat, und das sehr erfolgreich. Respekt vor der neuen Aufgabe hatte er dann trotzdem noch. "Anfangs habe ich da schon gesagt: 'Stucki, jetzt geht es wieder los, mal sehen, wie das wird.' Es war in dem Moment, in dem es losging, aber alles wieder da." In Monza schied das Duo im ersten Rennen aus, im zweiten Rennen wurde man Gesamtsiebter und in der Am-Klasse Zweiter. Von den Fahrerkollegen gab es anerkennende Worte, da man Stuck die Einsatzzeit im Auto nicht ansah. "Da noch mithalten zu können, ist ein schönes Gefühl. Wenn ich sehe, im Qualifying bin ich mit 70 eine Sekunde langsamer - da brauche ich mich nicht verstecken", sagt er.

Wie kam es überhaupt zu dem Comeback? Teamchef Hans Reiter von Reiter Engineering hatte für die GT2 European Series noch ein Cockpit frei und Stucks Sohn Johannes, der auch für KTM fährt, gab laut Stuck den unverblümten Tipp: "Warum nehmt ihr nicht meinen Alten? Der ist immer noch fit." Ja, warum eigentlich nicht? Stuck zögerte keine Sekunde: "Da habe ich gesagt: 'Ja klar, auf jeden Fall. Und das hat alles gepasst wie die Faust aufs Auge."

Reiter Engineering setzte übrigens 2011 beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring den Lamborghini Gallardo ein, in dem Stuck mit seinen Söhnen Johannes und Ferdinand das letzte große Rennen seiner Karriere bestritt.

Eigentlich. Denn immer mal wieder kehrt er ins Renn-Cockpit zurück, zuletzt 2017, als er im Legenden-Rennen des Audi-TT-Cup an den Start ging. Ansonsten absolviert er regelmäßig kleine Einsätze wie sogenannte Renn-Taxifahrten, bei denen er Motorsport-Fans und auch sich selbst auf Strecken wie dem Nürburgring ein paar Runden lang ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Andreas Reiners / mid

Dieser Artikel aus der Kategorie AUTOMOBIL wurde von Andreas Reiners am 14.05.2021, 09:45 Uhr veröffentlicht.