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Die mid-Zeitreise: BMW R 1100 R - Boxer mit moderner Technik
mid Groß-Gerau - Mächtiges Teil: der neue Boxer R 1100 R, den BMW 1995 auf den Markt bringt. Archiv Motor-Informations-Dienst (mid)
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Motor-Informations- Dienst (mid) - 28. Juni 2021, 15:26 Uhr MOTORRAD

Die mid-Zeitreise: BMW R 1100 R - Boxer mit moderner Technik

Am 30. Oktober 1995 berichtete der Motor-Informations-Dienst (mid) im 40. Jahrgang über die BMW R 1100 R.


Am 30. Oktober 1995 berichtete der Motor-Informations-Dienst (mid) im 40. Jahrgang über die BMW R 1100 R.

Ein Motorrad ist gewiss mehr als nur die Summe seiner Einzelteile. Sicher, eine Benzineinspritzung nebst serienmäßig geregeltem Drei-Wege-Katalysator und ein Anti-Blockier-System (ABS) alleine machen noch kein gutes Motorrad aus. Aber welcher Biker hätte diese moderne Technik nicht gerne in seiner Maschine? Wer möchte nicht möglichst wenig Schadstoffe in die Umwelt entlassen und künftigen Sommer-Fahrverboten für Motorräder ohne spezielle Schadstoffregulierung entgehen? Und wer einmal das Sicherheitsplus eines ABS in Anspruch nehmen konnte oder sogar musste, möchte darauf auch in Zukunft nicht mehr verzichten. Wer sich nach einem neuen Motorrad umsieht und auf Kat und ABS höchsten Wert legt, kommt zur Zeit eigentlich nicht an der deutschen Marke BMW vorbei. Zumal die bayerischen Bikes auch sonst moderner und unterm Strich besser denn je gebaut werden. Nehmen wir den neuen Boxer und hier das unverkleidete Roadster-Modell R 1100 R.

Die beiden Zylinder mit Vierventil-Technik des neuen Boxer-Motors sind nicht nur luft-, sondern auch ölgekühlt. Mit Hilfe der digitalen Motorelektronik sind die 1.085 ccm Hubraum für eine Leistung von gesunden 59 kW/80 PS bei 6.750 Kurbelwellenumdrehungen gut. Der Drehmomentverlauf mit dem Maximalwert von 97 Nm bei 5.250 U/min ist besonders gelungen. Ab 1.500 Touren nimmt die BMW Gas an und legt anschließend kräftig los. 3.000 Umdrehungen und der Twin dreht weiter unter ständigem Leistungszuwachs hoch. Bei 7.500 U/min ist dann mit dem roten Bereich das Ende der Kraftkur erreicht. Elastisch, wie der Boxer sich gibt, ist schaltarmes Fahren in den großen Gängen angesagt. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit von knapp 210 Tachokilometern interessiert auf einer unverkleideten Maschine angesichts des anstürmenden Fahrtwindes gewiss weniger.

Viel wichtiger sind sicherlich die beachtlichen Beschleunigungsreserven auch jenseits des zu empfehlenden Reisetempos von 130 km/h. Vibrationen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Laufkultur ist ebenso wie das Start- und Warmlaufverhalten ohne Fehl. Etwas störend macht sich nur das leichte Schieberuckeln bei konstanter Fahrt mit wenig Drehzahl bemerkbar. Freude bereitet der geringe Benzinverbrauch: zügig gefahren, kommt die 1100er durchschnittlich mit 5,5 Liter Super bleifrei aus. Theoretisch sind mit dem 21 Liter Tank so Reichweiten von locker 350 km drin. Leider nur theoretisch, denn der nutzbare Tankinhalt liegt nur bei 18,5 Liter. Das Fünfgang-Getriebe lässt sich zwar mitunter nicht ohne Geräusche, aber dafür recht präzise bedienen. Motorcharakteristik und Getriebeabstufung harmonieren.

Die R 1100 R läuft sauber geradeaus und lässt sich auch von Spurrillen nicht beeindrucken. Die 235 kg Fahrgewicht ohne Extras zentrieren sich in einem tiefen und günstigen Schwerpunkt, so dass man getrost von Handlichkeit sprechen darf. Die aufrechte Sitzposition hinter dem breiten Lenker kommt positiv hinzu. Auf langen Strecken wünscht man sich mehr Entspannung und Bewegungsfreiheit. Die Stufensitzbank lässt eine auf Dauer ermüdende Sitzposition zu. Kleine Fahrer-(innen) finden Trost in der von 760 über 780 auf 800 mm einstellbaren Sitzhöhe der Bank. Die Sozia fühlt sich insgesamt wohl, doch könnte ihr Komfort durch eine anders geneigte Sitzbank noch erhöht werden. Eine Klasse für sich ist die Boxer-eigene Vorderradführung, von BMW Telever genannt.

Die Rohre der Telegabel übernehmen die Radführung. Alle Feder- und Dämpfungsarbeiten werden von einem zentralen Federbein erledigt, das sich auf einer kurzen Schwinge zwischen oberem Motorblock und der Gabel abstützt. Die Vorteile des Televers: Hohe Lenkpräzision und Spurtreue auch bei Bodenwellen in Kurven, hier sei auch der Lenkungsdämpfer erwähnt, und ein weitestgehend bremsneutrales Fahrverhalten. Im Gegensatz hierzu taucht eine normale Telegabel beim starken Bremsen tief ein und verändert so die Fahrwerksgeometrie nachteilig. Einstellmöglichkeiten bietet das sensibel ansprechende System bei den Roadster-Modellen nicht.

Es ist schon frappierend, wie wenig selbst grobe Bodenunebenheiten den Kurvenspaß schmälern können, beziehungsweise welch forsche Gangart man an den Tag legen kann. Dem verstellbaren Federbein hinten wünscht man allerdings vor allem im Soziusbetrieb mehr Dämpfungsreserven. Der Paralever an der Hinterradschwinge als Momentabstützung für Lastwechselreaktionen arbeitet zufriedenstellend. Ein großes Lob verdient die hocheffiziente und sauber dosierbare Dreischeiben-Bremsanlage der Kardanmaschine. Das aufpreispflichtige (1.995 DM) Anti-Blockier-System empfiehlt sich für den Fall der Fälle. Die Serienausstattung umfasst einen lichtstarken Rundscheinwerfer, einen Drehzahlmesser sowie eine Zeituhr.

Heizgriffe, Kreuzspeichenräder und ein Gepäcksystem gibt es im umfangreichen BMW Zubehörsortiment. Der Grundpreis für die leicht aufzubockende und mit satten 215 kg Zuladung aufwartende R 1100 R: 17.700 DM. Auf Wunsch ist auch eine versicherungsgünstigere 57 kW/78 PS-Variante erhältlich.

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORRAD wurde von Motor-Informations- Dienst (mid) am 28.06.2021, 15:26 Uhr veröffentlicht.