MOTOR-EXCLUSIVE

Formel 1: Unrühmliches Nachspiel
mid Groß-Gerau - Max Verstappen gegen Lewis Hamilton: Ein WM-Duell für die Ewigkeit. Daimler
MOTORSPORT
Andreas Reiners - 15. Dezember 2021, 11:07 Uhr MOTORSPORT

Formel 1: Unrühmliches Nachspiel

Die Formel 1 erlebte eine denkwürdige Saison mit einem ebenso denkwürdigen Finale mit einem neuen Weltmeister Max Verstappen. Leider erlebt sie im Moment auch ein etwas unrühmliches Nachspiel.


Lewis Hamilton gratulierte dem neuen Weltmeister Max Verstappen, gab ein paar Pflicht-Interviews, dann schwieg er, die obligatorische Pressekonferenz schwänzte er. Auch in den sozialen Medien hielt er sich zurück. Bis heute. Auch von den Mercedes-Verantwortlichen hört man nichts mehr. Sie haben angekündigt, gegen das Rennergebnis vom Finale in Abu Dhabi Berufung einlegen zu wollen. Der Rest ist Enttäuschung, Fassungslosigkeit. Leider nach dieser denkwürdigen Formel-1-Saison mit diesem Finale in Abu Dhabi auf beiden Seiten, also auch bei Red Bull Racing.

"Es ist eines WM-Finals unwürdig, dass die Entscheidung so hinausgezögert wird. Das spricht aber für die Gesinnung eines, ich würde sagen, unwürdigen Verlierers, solche Einsprüche und Proteste einzulegen", sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko. Man habe mit einem jungen Kerl und einem jungen, motivierten Team die Mercedes-Dominanz gebrochen, erklärte Marko: "Es ist widerlich, was sie nach dem Rennen gemacht haben, einen Protest einzulegen, bei dem klar war, dass er nicht funktionieren wird. Das ist für mich ein sehr schlechter Verlierer."

Mercedes hatte nach dem kontroversen Finale mit einer späten und etwas chaotischen Safety-Car-Phase zwei Proteste eingelegt, unter anderem gegen die Durchführung der Safety-Car-Phase, die Verstappen den Angriff auf Hamilton und damit den Titel erst ermöglichte. Bei den Rennkommissaren war Mercedes gescheitert, die Entscheidung stand erst am späten Sonntagabend fest. Und ist leider nicht in Stein gemeißelt.

Denn nach der angekündigten Berufung hat Mercedes hat 96 Stunden Zeit, tatsächlich Berufung einzulegen und damit Ernst zu machen. Heißt: Bis Donnerstag. Ironischerweise findet an diesem Tag die Gala des Automobil-Weltverbandes FIA statt, auf der die WM-Pokale überreicht werden. Statt friedlicher Feierlichkeiten könnte die Saison 2021 ein unrühmliches Nachspiel vor Gericht erleben. Der Schaden ist schon jetzt immens.

Natürlich muss man nach den Vorkommnissen der Saison gleichzeitig auch die Frage stellen, ob Red Bull Racing nicht genauso gehandelt hätte. Das Verhältnis zwischen den beiden Rennställen bleibt nach den kontroversen letzten Runden und einem Jahr voller Vorwürfe und Streitigkeiten vergiftet, Verstappen hofft hingegen, dass sich die Beziehung zwischen Hamilton und ihm wieder normalisiert.

"Es war schon angespannt. Wir haben uns in jedem Rennen gegenseitig ans Limit getrieben, das ist gut, so sollte es ja auch sein. Vielleicht entspannt sie sich jetzt wieder ein wenig, weil die Entscheidung gefallen ist", sagte Verstappen, der Hamilton aber auch als tollen Sportsmann lobte, denn Hamilton zeigte in der Niederlage Größe, gratulierte Verstappen fair. Die angekündigte Berufung sei "typisch für diese Saison. Es ist, wie es ist. Wir werden sehen, was dabei herauskommt", so Verstappen.

Klar ist: Auch bei Red Bull Racing ist nicht alles eitel Sonnenschein, Marko drohte sogar unverhohlen mit einem möglichen Ausstieg, wenn in Zukunft in der Formel 1 gewisse Dinge nicht geändert werden, wenn aus dem Finale, aus der ganzen Saison keine Lehren gezogen werden.

"Wir werden unser Engagement in der Formel 1 überdenken, wenn das nicht entsprechende Auswirkungen für die zukünftigen Meisterschaften hat", sagte er und meint konkret die fehlende Konstanz bei Strafen und Entscheidungen. Denn auch wenn Verstappen nun von einer kontroversen Entscheidung profitiert hat, kritisiert Marko die unterschiedlichen Auslegungen, die Red Bull in den vergangenen Wochen auch Nachteile gebracht und der Königsklasse durch Chaos und Diskussionen zudem geschadet haben. "Das ganze System gehört überdacht. Die Regeln müssen vereinfacht werden und die Prämisse muss sein: Let's race!", so Marko.

Rennleiter Michael Masi bleibt weiterhin im Fokus der Kritik. "Nachdem so viele Fehler und hinterfragungswürdige Entscheidungen gefällt werden, ist sicher großer Handlungsbedarf. Jetzt kommt ja ein Präsident, also der möchte als erstes hier ansetzen", forderte Marko. Der Nachfolger von FIA-Präsident Jean Todt wird am 17. Dezember gewählt. Er ist nicht zu beneiden.

Andreas Reiners / mid

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORSPORT wurde von Andreas Reiners am 15.12.2021, 11:07 Uhr veröffentlicht.