Mario Hommen/SP-X - 16. Januar 2024, 12:00 Uhr Pedelec
Test: Trenoli Livenza Classico (750 Wh) - Alltagsheld mit Imageproblem
Für den Pedelec-Alltag ist das Livenza Classico mit großem Akku nahezu perfekt gerüstet. Außerdem bietet es noch einen Vorzug, der dem Modell allerdings auch Kritik einbringt.
Nein, gegen dieses Vorurteil scheint kein Kraut gewachsen. Auch eine moderne und feine Ausstattung wird an der Tiefeinsteiger-Skepsis vieler Biker nichts ändern. Nach Rückkehr von einer Testfahrt stellte ein Redaktionsmitglied das Livenza mit dem Kommentar ab: ,,Optisch macht mich das Bike glatt 20 Jahre älter." Insofern fällt es der an sich gut gemachten Pedelec-Neuheit von Trenoli schwer, trotz fescher Trekking-Aufmachung bei männlichen Fahrern unterhalb des Rentenalters zu punkten. Wer jedoch der Klischee-Denke die kalte Schulter zeigt, hat allen Grund, sich im Zweiradalltag auf diesem Mittelmotor-E-Bike wohlzufühlen.
Die wichtigste Zutat dafür ist natürlich der Performance Line CX von Bosch, der dank 85 Newtonmeter Drehmoment speziell im Turbo-Modus, den wir meist gewählt haben, ein überaus spritziges und zugleich auch natürliches Fahrgefühl vermittelt. Wie beim Pedelec üblich, geht es natürlich nicht ohne Beinarbeit, doch anstrengend wird es eben nie. Auch nicht bergauf. Zumindest so lange der im Unterrohr integrierte 750-Wh-Akku Strom liefert. Und diesen liefert er, selbst bei verschwenderischem Fahrstil, lange.
Ein weiterer Trumpf ist der leichte Einstieg, denn das weit offene Rahmen-V bietet einen Tiefpunkt, durch den sich selbst Arthrose-Geplagte locker einfädeln und in Fahrposition bringen können. Auch fitten Zeitgenossen wird das entgegenkommen. Trotz der Abwesenheit eines Oberrohrs scheint es an Stabilität nicht zu mangeln, denn selbst bergab mit Tempo 50 auf einer an Schlaglöchern reichen Asphaltpiste vermittelte uns das E-Bike ein verbindlich-stabiles Fahrgefühl. Und es fährt sich kommod. Die vordere Federgabel federt nicht nur, sondern dämpft auch. Gleiches gilt für die voluminösen Reifen, die keineswegs schwammig oder zu weich wirken. Wer ständige Nackenschläge auf seinem Fahrrad satt hat, findet hier eine, auch dank entspannter Sitzposition, rückenschonende Alternative. Fast schon zu entspannt fährt sich das E-Bike, weshalb sich bei Elektro-Topspeed das Livenza unspektakulär sicher und in der Konsequenz die 25 km/h fast schon langsam anfühlen. 30 oder 40 wären auch nicht schlecht, doch die müsste man per Muskelkraft erstrampeln, was allerhöchstens kurzfristig Laune macht.
Dazu passend hat das Livenza noch verbindlich zupackende sowie fein dosierbare Hydraulik-Bremsen von Shimano. Die Ausstattung mit Licht, Gepäckträger, Schutzblechen und Kettenschutz sowie einer Kettenschaltung mit 10 Übersetzungsalternativen lässt eigentlich keine Wünsche offen. Eine gute Verarbeitung und innenverlegte Leitungen sind ebenfalls auf der Habenseite. Für den Alltag ist das Bike also ziemlich bestens gerüstet. Allerdings hat man angesichts von rund 30 Kilogramm Gewicht vor allem an Treppen auch so seine liebe Mühe.
Ein weiteres Highlight des Livenza Classico ist wiederum dem E-Antrieb geschuldet, denn dieser bringt das Kiox-300-Display und die Remote-LED ins Cockpit und damit einen verblüffend vielseitigen Funktionsumfang im Zusammenspiel mit der Flow-App. Ganz einfach lassen sich Navigation und digitaler Diebstahlschutz in den Fahrradalltag integrieren. Die Halterung für das Farbdisplay in der Cockpitmitte greift allerdings leicht angewinkelt um den sich konisch verjüngenden Lenker, weshalb der schicke Kiox-Computer nicht perfekt rechtwinklig im Zentrum des Geschehens steht.
Eine Kleinigkeit eigentlich, was man vom Preis allerdings nicht sagen kann. 3.800 Euro ruft Trenoli auf, was angesichts der Komponenten, der großen Batterie und dem guten Qualitätseindruck vom Rahmen als dennoch angemessen erscheint.
Dieser Artikel aus der Kategorie Pedelec wurde von Mario Hommen/SP-X am 16.01.2024, 12:00 Uhr veröffentlicht.