Mario Hommen/SP-X - 30. September 2024, 13:33 Uhr Pedelec
Bosch: Neuer Performance Line CX - Leichter, leiser und agiler
Mit der Neuauflage der Performance Line CX erteilt Bosch dem Wettrüsten um Drehmoment eine Absage. Nicht die schiere Kraft steht im Mittelpunkt, sondern ihr situationsgerechter und intelligenter Einsatz.
Immer neue Wettbewerber drängen mit innovativen Antriebssystemen auf den E-Bike-Markt. Bosch, bislang unangefochtener Marktführer, kontert mit Updates. Auch für die Saison 2025. Diesmal haben sich die Schwaben auf das weiterhin boomende Mountainbike-Segment konzentriert. Wichtigste Neuerung ist die rundum optimierte, fünfte Generation des in Kraxelerkreisen beliebten Performance Line CX-Motors. Flankiert wird er von einem neuen ABS, mit dem selbst Rennprofis noch ein paar Zehntelsekunden herausholen könnten. Neue, leichtere Batterieformate und ein besonders dezentes Display runden den Reigen der Innovationen ab.
Das 2015 von Bosch eingeführte Performance Line CX ist wohl der wichtigste Wegbereiter für den steilen Aufstieg der E-MTBs, die in der Bergfex-Szene, die rein mit Muskelkraft angetriebenen Mountainbikes längst an den Rand gedrängt haben. Dem sportlichen Anspruch einer Bergtour tut das E-MTB keinen Abbruch. Wer schon einmal mit elektrischer Unterstützung im Gelände unterwegs war, weiß, dass man auch so ordentlich Kalorien verbrennt und sich gleichzeitig besser auf die spaßigen und technischen Passagen konzentrieren kann.
Gerade in diesen Markt drängen einige Wettbewerber mit besonders drehmomentstarken Motoren, so dass es ein wenig verwundert, dass Bosch beim neuen CX an den bekannten 85 Newtonmetern, 600 Watt Maximalleistung und 340 Prozent Unterstützung festhält. Claus Fleischer, Leiter E-Bike-Systeme bei Bosch, begründet dies mit dem ohnehin schon idealen Verhältnis von Kraft, Dynamik, Effizienz und Reichweite. Damit der Antrieb dennoch als Fortschritt empfunden wird, hat Bosch die Sensorik neu interpretiert. Ob hochauflösende Drehzahl-, Drehmoment- oder Inertialsensoren - sie alle zusammen analysieren die Fahrsituation noch präziser und liefern in rasend kurzer Zeit viele Informationen an die Steuerelektronik, die wiederum den Antrieb permanent optimal auf die zu erwartenden Aktionen vorbereitet. Dank der Daten weiß der Antrieb, wie steil der Anstieg ist und ob sich das Bike auf einem Wurzeltrail befindet. Bei Bedarf werden die Kraftimpulse explosiv, aber dennoch wohldosiert abgegeben. Fahren muss man auch in Zukunft selbst, aber mit der intelligenten Unterstützung lassen sich knifflige Situationen souveräner meistern. Im entscheidenden Moment kommt der Extrakick, um ein Hindernis ohne Absteigen zu überwinden, wie eine Offroad-Testfahrt mit einem Fully mit dem neuen CX zeigt. Der Motor, so viel steht fest, ist erfreulich nah an dem, was der Fuß tut. Ein klarer Vorteil im dynamischen Geländeeinsatz.
Trotz der eigentlich immer situationsgerechten Motorunterstützung kamen wir mangels Fahrpraxis doch öfters aus dem Flow. Das nächste Anfahren erleichterte uns das neue CX mit Hillhold-Funktion und Berganfahrhilfe. Mountainbiker kennen das Problem, an einer steileren Stelle aus dem Stand wieder anfahren zu müssen. Das ist meist mühsam und lästig, manchmal auch überfordernd, vor allem wenn die Kondition nachlässt. Doch per Knopfdruck am Lenker lässt sich der CX auf diesen Moment vorbereiten und befreit den Fahrer mit einem kräftigen Initialschub und verblüffender Leichtigkeit aus der misslichen Lage. Wer trotz dieser Hilfe nicht mehr in den Sattel findet, kann per Knopfdruck eine Schiebehilfe aktivieren, mit der sich der Berg dann leichter zu Fuß erklimmen lässt.
Was auch weniger geübte Mountainbiker als hilfreich empfinden, ist der automatische Schaltmodus eShift. Ist eine E-Schaltung vorhanden, kann beim CX-Antrieb per Knopfdruck zwischen manuellem und automatischem Schalten gewählt werden. An sich funktioniert die Automatik gut. In einigen wenigen Situationen empfanden wir die Gangwahl jedoch als nicht optimal. Wird ein anderer Gang gewünscht, lässt sich die Automatik jederzeit per Knopfdruck übersteuern.
Ein weiterer Fortschritt des CX ist sein reduziertes Gewicht. Rund 100 Gramm konnten die Ingenieure noch aus den Zahnrädern, den Kupferwicklungen und dem Magnesiumgehäuse herauskitzeln. Damit sinkt das Gewicht des Antriebs auf 2,8 Kilogramm. Auch die Geräuschentwicklung hat Bosch reduziert. Das von Mountainbikern bei Bergabfahrten oft kritisierte Ruckeln im Antriebsstrang gehört dank eines nun steifer gelagerten Tretlagerfreilaufs der Vergangenheit an.
Nicht nur der Motor, auch die neuen Akkus sparen Gewicht. Beim 3,9 Kilogramm schweren Powertube 800 sind es sogar 500 Gramm. Grund dafür sind neue Zellen, die für eine um 20 Prozent höhere Energiedichte sorgen. Neben dem 800er gibt es auch einen neuen 600er, der drei Kilogramm wiegt. Im Vergleich zu ähnlichen Intube-Formaten von Bosch sind sie deutlich kürzer, so dass auch die aufnehmenden Unterrohre kürzer ausfallen können. Egal ob 600 oder 800 Wh - beide lassen sich in dasselbe Unterrohr montieren. Auch ein Dual-Pack und damit bis zu 1,6 kW sind möglich.
Der Füllstand der Batterie und andere fahrrelevante Informationen können künftig über das speziell für Mountainbikes entwickelte Mini-Farbdisplay Purion 400 angezeigt werden. Dieses wandert in die Lenkermitte und kann so geschützt im Lenkerdreieck positioniert werden. Wie beim bekannten Purion 200 handelt es sich um ein 1,6 Zoll großes TFT-Farbdisplay, das trotz der Fülle an Informationen gut ablesbar ist und eine übersichtliche Navigation durch die Menüs ermöglicht. Bosch wird das neue 200 auch zum Nachrüsten für alle Antriebe des Smart-Systems anbieten.
Während Bosch-Antriebe in der E-Bike-Szene allgegenwärtig sind, ist die Verbreitungsrate des von Bosch 2022 vorgestellten E-Bike-ABS noch ausbaufähig. Mehr Schwung könnte dem smarten Sicherheitsfeature eine Art Top-Down-Strategie verleihen. Die neue ABS-Variante heißt „Pro“ und soll vor allem sportliche und versierte E-MTB-Fahrer ansprechen, die bisher auf ABS verzichtet haben, weil sie ohne Regelsystem präziser bremsen können. Doch Bosch verspricht für das neue ABS Pro eine Regellogik, die Fahrer auch im Weltcup schneller machen soll. Dafür soll eine optimale Balance zwischen Fahrstabilität und maximaler Bremsleistung sorgen, die spätes und hartes Bremsen erlaubt, aber ein Ausbrechen des Vorderrades verhindert. Das neue ABS-System bietet zwei Modi. Neben dem „Trail Pro“ für ambitionierte Trail-Fahrer steht noch der Modus „Pro“ für Enduro-Racer zur Wahl.
Bereits in den kommenden Wochen dürfte erste Fahrradhersteller ihre E-MTBs mit dem neuen CX-Antrieb und den anderen genannten 2025er-Neuheiten in Deutschland auf den Markt bringen.
Dieser Artikel aus der Kategorie Pedelec wurde von Mario Hommen/SP-X am 30.09.2024, 13:33 Uhr veröffentlicht.