MOTOR-EXCLUSIVE

Rainer Unruh - 30. September 2020, 09:15 Uhr MOTORRAD

BMW F 900 XR und S 1000 XR: Wilderer im eigenen Revier

Sie sind beide schön, sie sind Alleskönnerinnen und kommen aus Bayern. Die BMW F 900 XR und die BMW S 1000 XR sind sich so ähnlich, dass Biker Schwierigkeiten haben könnten, sich für die eine oder andere zu entscheiden. Nach einer Testfahrt in die Dolomiten gibt der Motor-Informations-Dienst (mid) Tipps, welche Bayerin für welche Tour die beste Begleiterin sein kann.


Sie sind beide schön, sie sind Alleskönnerinnen und kommen aus Bayern. Die BMW F 900 XR und die BMW S 1000 XR sind sich so ähnlich, dass Biker Schwierigkeiten haben könnten, sich für die eine oder andere zu entscheiden. Nach einer Testfahrt in die Dolomiten gibt der Motor-Informations-Dienst (mid) Tipps, welche Bayerin für welche Tour die beste Begleiterin sein kann.

Die Langstrecke von Ostdeutschland in die Dolomiten haben die Motorräder mit Bravour gemeistert, auch Rücken und Gesäß der Biker sind nicht überbeansprucht. Ohne Murren hätten Fahrer und Maschine nochmal über 900 Kilometer zurücklegen können. Jetzt stehen die Bikes - beide in leuchtendem Rot mit schwarzen Sitzen - vor einem Motorrad-Hotel im Tiroler Enneberg/St. Vigil und schauen ziemlich fesch aus.

Die BMW S 1000 XR hat eine kräftigere Front, ist breit und muskulös. Die BMW F 900 XR wirkt wie die kleinere Schwester, ist schlanker und schmaler. Sie wird von einem Zweizylinder-Reihenmotor angetrieben. Der ist aus dem Triebwerk der BMW F 850 GS hervorgegangen, hat 895 Kubikzentimeter Hubraum und leistet 105 PS. Damit ist die Maschine gerade noch der Motorrad-Mittelklasse zuzurechnen. Die F 900 XR ist Adventure-Sportlerin und Tourer in einem, kann ganz viel, jedoch kein Gelände.

Die S 1000 XR bewegt sich in der Oberklasse. Sie ist auch Adventure-Sportlerin, aber aggressiver als die F 900 XR. Kein Wunder, hat sie doch den stärkeren, wassergekühlten Reihenvierzylinder-Motor mit 999 Kubikzentimeter Hubraum und 165 PS.

Nach der Langstrecke geht es mit den bayrischen Schwestern in die Berge zwischen Bruneck, Brixen, Arabba und Cortina d'Ampezzo. Dort gibt es rasante Spitzkehren, die bestens zum "Kurvenfressen" geeignet sind. Von drei bis 30 "Tornanti" - wie es auf den Straßenschildern auf italienisch geschrieben steht - sind häufige Schräglagenfahrten angesagt. Dabei machen beide BMW eine sehr sichere Figur.

Die F 900 XR mit 219 Kilogramm Gewicht lässt sich leicht bewegen. Auch weniger erfahrene Biker können gut mit diesem Motorrad umgehen. Das Triebwerk der Maschine nimmt sanft Gas an und dreht bei Bedarf locker hoch. Der Twin gibt einen angenehmen, hochtourigen Sound ab. Da für die F 900 XR Sitzbänke von 775 bis 840 Millimeter Höhe im Angebot sind, können unterschiedlich große Fahrer und Fahrerinnen gut auf dem Adventure-Bike sitzen. Auch die Sozia hat es bequem. Wenn ein Wunsch geäußert werden dürfte: Ein klein wenig weicher könnte die Bank sein.

Mit dem komfortableren Sitz kann die S 1000 XR punkten. Sie ist hochbeiniger und ihre Bank ist, wie die der kleineren Schwester, schmal gehalten. Die Sitzhöhe misst 840 Millimeter. Die S 1000 XR wiegt 226 Kilogramm, ist gerade mal sieben Kilo schwerer als die F 900 XR und lässt sich auch sehr gut durch Kurven steuern. Allerdings wirkt bei ihr die gesamte "Performance" ein wenig aggressiver. Deshalb wurde ihr auch schon der Spitzname "Aggro-Adventure-Bike" verpasst. Mit schmalem Lenker und Knieschluss passt auch bei der S 1000 XR die Ergonomie für viele Biker. Die Haltung für Fahrer und Sozia ist aufrecht und gerade. Wird das Windschild hochgestellt, ist die schlanke Bayerin die beste Begleiterin für lange Strecken.

Der Überholvorgang gehört gewissermaßen zur DNA der S 1000 XR, deren Motor immer die Möglichkeit bietet, noch eine Schippe drauf zu legen. 250 Kilometer je Stunde Höchstgeschwindigkeit kann man mit ihr locker erreichen. Da kommt die kleine Schwester F 900 XR nicht mehr mit. Sie fährt "nur" 200 Kilometer je Stunde. Langstrecke - und das soll hier ausdrücklich festgehalten werden - kann die F 900 XR übrigens auch, eben nur nicht ganz so bequem wie die S 1000 XR.

In der Ausstattung nehmen sich beide Bikes nicht viel. BMW bietet für die Motorräder eine serienmäßige Grundausstattung mit ABS, Traktionskontrolle und 6,5 Farb-TFT Display. Die Serienausstattung bei der S 1000 XR geht weiter als bei der günstigeren F 900 XR. Sie bietet zum Beispiel das elektronische Fahrwerk Dynamic ESA oder auch das Kurven-ABS (ABS Pro).

Doch für wen und für welche Tour ist nun welches der bayrischen Motorräder das Richtige?

Reisetaugliche Sporttourer sind sie beide. Die S 1000 XR ist auf langer Strecke jedoch noch etwas bequemer und kann mehr Gepäck wegtragen als ihre kleinere Schwester. Sie ist auch für "Adrenalin Junkies", die unbedingt mörderische Geschwindigkeit benötigen, die bessere Wahl - und sie hat die umfangreichere Ausstattung. Ihr Reihenvierzylinder ist kraftvoller als der Zweizylinder der F 900 XR. Letztlich sind sie sich jedoch ziemlich ähnlich und somit dürfte letztendlich der Geldbeutel entscheiden: Die F 900 XR gibt es ab 11.400 Euro, die S 1000 XR erst ab 16.950 Euro.

Übrigens, vor dem Motorrad-Hotel in den Dolomiten sagte ein Biker, der auch mit einer S 1000 XR unterwegs war, über die F 900 XR: "Die kaufe ich meiner Frau". Wie einfach das Leben doch sein kann! Nur schade, dass keine gestandene Bikerin mit einer 1000er anwesend war und sagte: "Die F 900 XR, die kaufe ich meinem Mann".

Rainer Unruh / mid

Technische Daten BMW F 900 XR:
- Motor: Wassergekühlter 2-Zylinder-Viertaktmotor
- Getriebe: Sechsganggetriebe
- Hubraum: 895 Kubik
- Leistung: 77 kW/105 PS bei 8.500 U/min
- max. Drehmoment: 88 Nm bei 6.750 U/min
- Bremse vorne: Doppelscheibenbremse, schwimmend gelagerte Bremsscheiben,
Durchmesser 320 mm, 4-Kolben-Radialbremssattel
- Bremse hinten: Doppelscheibenbremse, schwimmend gelagerte Bremsscheiben,
Durchmesser 320 mm, 4-Kolben-Radialbremssattel
- Reifen vorne: 120/70 ZR 17
- Reifen hinten: 180/55 ZR 17
- Sitzhöhe: 825 mm (Sitzbank hoch 840 mm Sitzbank niedrig 775 mm)
- Antrieb: Endlos O-Ring-Kette mit Ruckdämpfung in der Hinterradnabe
- Tankinhalt: 15,5 Liter (3,5 Liter davon Reserve)
- Verbrauch: 4,2 l/100 km
- Trockengewicht: 219 kg
- Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
- Preis: ab 11.400 Euro

Technische Daten BMW S 1000 XR:
- Motor: Öl-/wassergekühlter 4-Zylinder 4-Takt-Reihenmotor
- Getriebe: Sechsganggetriebe
- Hubraum: 999 Kubikzentimeter
- Leistung: 121 kW/165 PS bei 11.000 U/min
- max. Drehmoment: 144 Nm bei 9.250 U/min
- Bremse vorne: Doppelscheibenbremse, Durchmesser 320 mm, 4-Kolben-Festsattel
- Bremse hinten: Einscheibenbremse, Durchmesser 265 mm, 2-Kolben Schwimmsattel
- Reifen vorne: 120/70 ZR 17
- Reifen hinten: 190/55 ZR 17
- Sitzhöhe: 840 mm
- Antrieb: Kettenantrieb (Kette 525)
- Tankinhalt: 20 Liter (4 Liter davon Reserve)
- Verbrauch: 6,2 l/100 km
- Trockengewicht: 226 kg
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Preis: ab 16.950 Euro

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORRAD wurde von Rainer Unruh am 30.09.2020, 09:15 Uhr veröffentlicht.