MOTOR-EXCLUSIVE

Mario Hommen/SP-X - 22. Oktober 2019, 10:21 Uhr Pedelec

Test: Bzen Milano Single Speed - In der Kraft liegt die Ruhe

Die neue E-Bike-Marke Bzen bietet mit dem Milano ein schickes Single-Speed-Pedelec mit Gates-Riemenantrieb. Das sieht gut aus und fährt sich auch so. Ein paar systembedingte Nachteile gibt es jedoch.

Plumpe Optik, viel Gewicht - dies sind zwei typische Nachteile von Pedelecs. Bzen heißt eine junge Zweiradmarke aus Belgien mit einem E-Bike-Typ, der sich in diesen beiden Punkten keine Blöße gibt. Knapp unter 15 Kilogramm ist das Milano leicht. Zudem ist es ansehnlich, da Batterie und Motor kaum ins Auge fallen. Und dann fährt es sich noch erfreulich gut, weshalb der Preis einer alltagstauglich ausgestatteten Variante von über 3.000 Euro durchaus akzeptabel erscheint.   

Bzen setzt auf ein mittlerweile recht beliebtes Antriebskonzept, bei dem die Batterie vollständig in einen klassisch anmutenden Rahmen integriert wird und sich der Motor im Hinterrad versteckt. Sehr ähnlich gestrickte Modelle bieten bereits Hersteller wie Coboc, Geos, Schindelhauer, Desiknio oder Cowboy an. Im Fall des Bzen - neben der von uns getesteten Herren-Version Milano gibt es noch das Amsterdam mit Trapezrahmen - verschwindet der Stromspeicher vollständig im Unterrohr, welches etwas voluminöser als der Rest der Rahmenkonstruktion ausfällt. Dennoch wirken die Proportionen stimmig, das Fahrrad insgesamt erfreulich schlank und trotz sichtbarer Schweißnähte sogar wertig und schick. Ebenfalls schlank fällt auch die Akkukapazität mit 252 Wattstunden aus, was laut Bzen für 60 Kilometer reichen soll. Praktisch waren es dann knapp unter 50 Kilometer, bei allerdings vorwiegend maximaler Motorunterstützung.

Für diese sorgt eine optisch unscheinbar zentral im Hinterrad integrierte E-Maschine von Bafang, die durchaus munter anschieben kann, die allerdings das Milano nicht zum Gipfelstürmer qualifiziert. Trotz E-Motor vermittelt das Bzen ein angenehm natürliches und homogenes Fahrradfeeling, bei dem sich schweiß- und pulstreibende Beinarbeit weitgehend erübrigt. Für die Kraftübertragung von den Pedalen zum Hinterrad kommt statt klassischer Kette ein Riemenantrieb von Gates zum Einsatz, der sauber und leise arbeitet. Eine Gangschaltung gibt es nicht, doch hat Bzen die eine Übersetzung so gewählt, dass sie in fast allen Lebenslagen passend erscheint. Jedenfalls ist dank Motorschub ein Anfahren an Steigungen trotz fester Übersetzung kein Problem. Geht es länger bergauf, wird man Schwung verlieren und sich gelegentlich einen kleineren Gang wünschen.

Als störend kann man das Surren des Motors empfinden. Unter erhöhter Last verstärkt sich dieser Begleitton noch. Doch ist es problemlos möglich auch längere Abschnitte schneller als 25 km/h zu fahren, was oftmals fast unmerklich für das Ende der Motorunterstützung sorgt. Das Aussetzen des Motors nimmt man zunächst nur wahr, weil das Motorgeräusch ausbleibt, denn das Milano läuft so locker und leicht, dass man Übergänge vom Einsetzen oder Ausbleiben der Motorkraft als geschmeidig empfindet. Wer einige Zeit schneller als 25 km/h fährt, wird früher oder später allerdings die Oberschenkelmuskel sowie einen Anstieg der Atemfrequenz spüren. Das hat jedoch in mehrfacher Weise positive Nebeneffekte: Die Reichweite steigt, die körperliche Fitness profitiert und der erhöhte Muskeleinsatz wird mit angenehmer Ruhe belohnt. Wer dem Temporausch verfällt, wünscht sich angesichts einer dann recht hohen Trittfrequenz allerdings eine längere Übersetzung. Diese bietet Bzen übrigens in Kombination mit einer alternativ angebotenen Version mit Neungang-Kettenschaltung an, was allerdings den sauberen Riemenantrieb ausschließt.  

Auf Komfort muss man beim Bzen ebenfalls verzichten. Weder die schmalen Reifen noch irgendwelche Federelemente dämpfen den Kontakt zur leider oftmals unebenen Straße. Dafür fährt sich das E-Bike angenehm verbindlich. Ebenfalls verbindlich packen die hydraulischen Scheibenbremsen zu, die mit ihrer feinen Dosierbarkeit den fahraktiven und präzisen Charakter des E-Bikes betonen. Trotz gewisser Härten eignet sich das in der Basis spartanische Rad auch für den Alltagseinsatz, wenn man denn mit der grundsätzlich sportlichen Sitzposition, die das Bzen dem Fahrer auferlegt, leben kann. Allerdings empfiehlt sich dann noch die Investition in optionale Schutzbleche, Seitenständer, Gepäckträger und eine smarte Lichtanlage mit schick in die Sattelstütze integrierten Rücklichtdioden. Für den Alltagseinsatz als angenehme Lösung erweisen sich auch die rutschfest beschichteten Plattformpedale. Grundsätzlich nicht erhältlich ist eine Display-Bedieneinheit mit Bordcomputeranzeige. Doch das passt zum einfachen Charakter des E-Bikes. Letztlich reicht die schlichte Bedieneinheit am Lenker, bei der lediglich kleine blaue Leuchtdioden Auskunft über Fahrstufe und Akkufüllstand geben.  

Einen Zweitakku gibt es grundsätzlich nicht, denn der eine ist ja fest montiert. Dieser Umstand kann sich auch nachteilig auf die Ladelogistik auswirken, denn um die Batterie zu befüllen, muss das Bike in die Nähe einer Steckdose gebracht werden. Immerhin wiegt das Milano in der Basis unter 15 und vollausgestattet über 16 Kilogramm, was selbst ein Tragen durch ein Treppenhaus erträglich macht.

Vertrieben wird das Bzen übrigens online. Die Preise starten bei rund 2.900 Euro. Werden alle wichtigen Optionen gewählt, kommen rund 200 Euro obendrauf. Im Kaufpreis enthalten ist auch der Lieferpreis. In einigen deutschen Metropolen wie München, Hamburg oder Düsseldorf bietet die Fahrradschmiede über die Fahrrad-Vermietplattform Listnride Testfahrten an.

Dieser Artikel aus der Kategorie Pedelec wurde von Mario Hommen/SP-X am 22.10.2019, 10:21 Uhr veröffentlicht.