MOTOR-EXCLUSIVE

Mario Hommen/SP-X - 9. November 2020, 15:24 Uhr Pedelec

Test: Pedelec-Nachrüstsatz Pendix eDrive300 - New Power Generation

Manches Edelfahrrad muss dieser Tage einem neuen Pedelec weichen. Mit einer Umrüstung auf den eDrive von Pendix lässt sich das geliebte Alt-Rad ins bequemere E-Zeitalter retten.

Wer ein gebrauchtes Edel-Fahrrad sucht, wird in Kleinanzeigen häufiger Verkäuferkommentare wie ,,schweren Herzens", ,,geliebtes Bike" und ,,wegen Pedelec-Neuanschaffung" lesen. Doch müssen sich E-Antrieb und das alte Lieblingsfahrrad gar nicht ausschließen. Mit der Nachrüstlösung eDrive von Pendix - zum Modelljahr 2021 technisch nachgeschärft - können Räder mit Bioantrieb zum Pedelec aufsteigen. Das ist für bereits rund 1.000 Euro möglich, was im Vergleich zum Pedelec-Neukauf nicht nur Geld, sondern grundsätzlich auch Ressourcen spart. Eine Verzichtlösung ist das Pendix-System dennoch nicht, sofern man sich nicht für eine Einstiegsversion dieser Nachrüstlösung entscheidet.

Fahrrad-Basis für unseren Transformer-Test war das Santos Trekking Lite mit 14-Gang-Nabenschaltung von Rohloff und Riemenantrieb. Ein flotter Feger für die Stadt, der mit einigen Edel-Komponenten ausgestattet in seinem Heimatmarkt Holland rund 2.800 Euro kostet. Aufgerüstet wurde das Rad mit der ,,mittleren Lösung" aus dem Pendix-Portfolio, dem eDrive300, der samt Fachmann-Montage rund 1.550 Euro kostet. Äußerlich gibt es keine Unterschiede zu anderen und älteren Pendix-Paketen. Die jüngste Evolutionsstufe sieht wie bisher einerseits schick und andererseits auch etwas störend aus. Der fein gearbeitete, metallische Tubus, der neben Lithium-Ionen-Akkus auch die Steuerungselektronik integriert, ist für sich gesehen ein erfreulich dekoratives Teil, allerdings im Rahmen eines schlanken Fahrrads auch ein Fremdkörper. Das trifft ebenfalls auf den scheibenförmigen, schwarzen Direktantrieb auf der linken Seite des Tretlagers zu. Da Akku und Motor nah beieinander liegen, bleiben Kabelverbindungen zwischen beiden kurz und unauffällig.

Wie bisher verzichtet die Pendix-Lösung auf eine Display-Bedieneinheit. Ein kurzer Fingertipp auf den Drückdrehschalter der auf dem Unterrohr befindlichen Batterie aktiviert das System. Ein Leuchtring informiert über Fahrbereitschaft und mit einem Farbspektrum von Grün bis Rot über den aktuellen Akkufüllstand. Per Drehfunktion lässt sich zudem einer von drei Unterstützungsmodi einstellen. ,,Sport" heißt der mit der größten Kraft, der mit 65 Newtonmeter für mehr Schwung denn je im Pendix-Antrieb sorgt.
Dabei erweist sich die Kombination aus E-Unterstützung und 14-Gang-Rohloffnabe als sehr gelungen und vom Start weg agil. Man muss nicht im ersten Gang anfahren, doch wählt man eine der kürzeren Übersetzungen und Sport-Unterstützung, erinnert der spritzige Vortrieb dem sprichwörtlichen Verhalten nach dem Stich einer exotischen Großspinne. Wer aktiv mit der Schaltung arbeitet und umgehend höhere Gänge wählt, erreicht fix das 25-km/h-Limit. Auf Wunsch ist die Beschleunigung zackig, doch keineswegs ungestüm. Stellt man das Strampeln während der Fahrt spontan ein, laufen die Tretkurbeln oft noch eine Viertelumdrehung weiter.
Der E-Antrieb ermöglicht auch schaltfaules Fahren in einem der höheren Gänge, wobei sich dann die Kraft nicht ganz so spritzig wie bei kleinen Gängen entfaltet. Auf ebener Strecke ermöglicht die Pendix-Rohloff-Kombi müheloses Dahingleiten bei niedriger Kadenz. Dank der vielen Gänge findet sich stets eine passende Paarung, um auch Steigungen flott zu nehmen. Der eDrive taugt also auch für den Einsatz in bergigen Regionen.

In unserem Fall war die Variante eDrive300 montiert, die zum Preis von rund 1.450 Euro eine etwas bescheidene Batteriekapazität von 330 Wattstunden bietet, was in unserem Test für rund 30 Kilometer Reichweite im Sport-Modus reichte. Praktisch blieben wir jedenfalls unter der Herstellerangabe, die 41 - 79 Kilometer verspricht. Für manchen Berufspendler wird die mäßige Reichweite ein tägliches Nachladen erfordern, sofern er sich nicht für einen der weniger spritzigen Fahrmodi entscheidet. Das Laden ist übrigens denkbar einfach, denn den Akku dreht man mit einem Handgriff aus seiner Halterung, um ihn anschließend für ein paar Stunden in der Wohnung ans Ladegerät zu hängen. Geht der Strom während der Fahrt vorzeitig zur Neige, bleibt Fahren ohne E-Unterstützung weiterhin möglich, denn das Bike fährt sich fast so wie man es vor der Umrüstung gewohnt war. Bei ausgeschaltetem Motor ist jedenfalls kein Tretwiderstand spürbar.

Anders als viele Pedelecs verzichtet Pendix auf eine Bordcomputer-Lösung oder Bedientasten am Lenkrad. Wirklich vermisst haben wir das allerdings nicht. Zumal es eine schicke Alternative gibt: Wenn man per Pendix-App sein Smartphone mit dem eDrive verbindet, eröffnen sich viele Anzeige- und Nutzungsmöglichkeiten. Außerdem informiert das kleine Programm über Batteriezustand, Zellenspannung oder die Zahl der Ladezyklen. Der eingangs erwähnte Einstiegspreis von rund 1.000 Euro bezieht sich auf den eDrive150, der mit 13 bis 28 Kilometer eine fast schon inakzeptable Reichweite und außerdem nur 32 Newtonmeter Drehmoment bietet. Wenn man schon in den Umbau investiert, dann besser gleich in den rund 1.650 Euro teuren eDrive500.

Sicherlich bieten Pedelecs mit vollintegrierten Lösungen von Bosch, Yamaha, Brose oder Shimano im Vergleich zum Pendix einige Vorteile. Doch wer sich nach dem Komfort eines E-Bikes sehnt, muss sich nicht zwangsweise deshalb ,,schweren Herzens" von seinem alten Edelrad mit Muskelantrieb trennen. Umrüsten geht eben auch. Wirklich schlechter ist man damit nicht unterwegs.

Dieser Artikel aus der Kategorie Pedelec wurde von Mario Hommen/SP-X am 09.11.2020, 15:24 Uhr veröffentlicht.