MOTOR-EXCLUSIVE

Andreas Reiners - 2. Dezember 2020, 11:30 Uhr MOTORSPORT

Das Warten auf die Unterschrift

Die Formel-1-Saison 2020 ist auf der Zielgeraden, zwei Rennen noch, dann ist Schluss. Was immer noch fehlt, ist die Vertragsverlängerung von Lewis Hamilton.


Lewis Hamilton war verwundert, als er mit der Aussage von Franz Tost konfrontiert wurde. Der Teamchef des Formel-1-Rennstalls AlphaTauri hatte erklärt, dass ein Fahrer nicht mehr als zehn Millionen Dollar im Jahr verdienen solle.

"Wer ist das?", fragte Hamilton erst einmal zurück. Fraglos kurios, denn Tost ist seit 2005 Teamchef und damit länger in der Königsklasse als Hamilton.

Und auch bei der Antwort auf die eigentliche Frage blieb Hamilton demonstrativ gelassen. Dass die Formel 1 eine Gehaltsobergrenze für die Piloten einführen will, tangiert den Briten, mit rund 40 Millionen Dollar Gage pro Jahr der Top-Verdiener, kaum. "So, wie es aussieht, soll die Gehaltsgrenze erst kommen, wenn ich vielleicht gar nicht mehr hier bin", sagte er.

Stimmt: Die Obergrenze, die ein Budget von 30 Millionen Dollar für beide Fahrer vorsieht, soll 2023 kommen und gilt sowieso nicht für bereits bestehende Verträge. Hamiltons Kontrakt bei Mercedes läuft nach dieser Saison aus, zu einer Verlängerung ist es - auch aufgrund der gedrängten Corona-Saison - noch nicht gekommen.

Wie sieht die Zukunft des erfolgreichsten Fahrers der Gegenwart also aus? Hamilton ist 35, siebenmaliger Weltmeister und damit auf Augenhöhe mit Legende Michael Schumacher, in Siegen hat er den Deutschen bereits überholt.

Die Aussichten sind gut: Da es 2021 keine gravierenden Regeländerungen geben wird, gelten die Silberpfeile mal wieder als das Maß der Dinge. Heißt: Hamilton könnte im kommenden Jahr weiter Geschichte schreiben und sich als alleiniger Rekord-Weltmeister in der Formel-1-Historie verewigen.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff geht davon aus, dass die Entscheidung "gegen Ende des Jahres" fallen werde. "Es geht nicht darum, dass wir die Zeit nicht finden. Aber ich will uns nicht künstlich unter Druck setzen, indem ich sage, wir regeln das vor Bahrain oder vor Abu Dhabi. Es gibt keinen Druck. Wenn es erledigt ist, ist es erledigt", sagte der Österreicher, der in der Kronen Zeitung verriet: "Er hat mir einige Male versichert: 'Toto, ich bleibe weiter bei euch!" Verhandlungen sind momentan sowieso kaum möglich, denn Hamilton befindet sich nach seinem positiven Coronatest in Quarantäne, verpasst so das vorletzte Rennen in Bahrain am Wochenende.

Bleibt die Frage: Wie lange wird sich Hamilton im Herbst seiner Karriere noch binden? 2022 kommt ein neues Reglement, dann könnten die Karten neu gemischt werden. Auch das kann für einen erfolgsverwöhnten Fahrer wie Hamilton noch einmal ein Anreiz sein, denn er muss sich nach sechs Titeln in den vergangenen sieben Jahren stets mit dem Vorwurf auseinandersetzen, das Glück zu haben, in erster Linie im besten Auto zu sitzen. Wolff ist ein Einjahresvertrag zu kurz, drei Jahre wiederum zu lang. Die berühmte Mitte also.

"Es wäre ein Leichtes, einen Vertrag zu unterschreiben und nicht darüber nachzudenken, was danach kommt", sagte Hamilton. "Ich möchte mit Mercedes weitermachen, und ich würde ihnen gern bei dieser Veränderung helfen, die gerade stattfindet: grüne Autos, mehr Elektrifizierung. Und ich würde gern dabei helfen, mehr Diversität zu schaffen."

Wie Hamilton betont, sei noch "nichts in Stein gemeißelt. Ich habe noch nicht alle Antworten darauf, was ich tun möchte. Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass ich hier schon fertig bin. Ich liebe das Rennfahren. Ich liebe die Herausforderung. Und ich glaube nicht, dass sich das allzu bald ändern wird."

Dann bleibt vielleicht sogar noch Zeit für ein Treffen mit Franz Tost.

Andreas Reiners / mid

Dieser Artikel aus der Kategorie MOTORSPORT wurde von Andreas Reiners am 02.12.2020, 11:30 Uhr veröffentlicht.